Der Tag beginnt anders als erwartet: mieses Wetter mit Aussichten, die keine Besserung versprechen. Also beschließen wir beim Frühstück in der stilecht dekorierten Halle, die Verlängerung zu stornieren und weiterzufahren.
Das Hotel macht keine Probleme, glücklicherweise ist auch Mos Wäsche schon fertig (aber leider nicht sauberer), so dass wir packen und uns kurz nach zehn auf den Weg machen können. Entlang der bereits vertrauten Obstplantagen kommen wir gut voran, der Wind kommt aus ebenso vertrauter Richtung und bringt eine leichte Schwüle mit. Irgendwann kommen uns zwei Eselwanderer entgegen, deren Weg wir an der unterwegs hinterlassenen Eselscheiße noch eine ganze Weile zurück verfolgen können.
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Hier stehen die Pflaumen stramm, ... |
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... und hier die Bäume |
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Das alles für 2,03 Höhenmeter: l'Écluse de la Gaule |
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Und das alles für uns |
Wir lassen von all dem unseren Appetit anregen, schauen der ersten Zuwasserlassung des Achters und dem damit eng verbundenen Vergnügen der Besatzung zu und fahren nach etwas mehr als einer halben Stunde gut gestärkt weiter.
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In die Auslage – los! |
Außerdem ist heute Samstag, und da macht der Franzose, was er gerne macht: Rad fahren, Boule spielen oder Fische fangen (mehr oder weniger). Im konkreten Fall überführt er diese Beschäftigung in ein familiäres Event namens „Admirez le Papa!“. Ehefrauen und Kinder werden zu diesem Zweck mit ans Ufer transportiert, neben dem Fahrzeug postiert und sitzen in der Folgezeit ohne weitere Aufgaben hinter bzw. neben Papa am Ufer und halten den Mund (reden hält die Fische vom Beißen ab).
Wir passieren entlang des Weges viele dieser Grüppchen, am meisten beeindruckt uns die unten abgebildete Reihe von etwa 50 Familien, die ohne jegliche Interaktion, dafür in sehr regelmäßigem Abstand voneinander das Ufer bevölkern. Die Ernährer nehmen wohl an einem Wettbewerb teil und können sich für jeden Fang direkt von ihrem Anhang bewundern lassen.
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Französischer Familienausflug 2012 |
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Von der Garonne geht es auf ein höheres Niveau |
Drinnen erwartet mich stilvolles Ambiente (s.o.) und eine junge Frau mit klaren Preisvorstellungen. Mo prüft das teure Zimmer und ist einverstanden, ich prüfe die drei teuren Menüs, die zur Wahl stehen, und bin auch einverstanden. Leider blüht die Weinkarte im Verborgenen, aber wir sind weit gekommen und zu (fast) allem bereit.
Offensichtlich will besagte junge Frau genau diese Bereitschaft über die Grenzen hinaus belasten, denn auf meine Frage nach einem Platz für die Räder fordert sie pro Rad zehn Euro Parkgebühr. Ich frage freundlich, ob sie noch alle Latten im Zaune hat, aber sie lässt sich von ihrer Forderung nicht abbringen. Damit bringt sie uns vom Hotel ab.
Adieu, Monsieur Darozze ...
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Nicht alles ist Käse in Langon: l'Église Saint-Gervais |
Entrüstet nehmen wir einen Café am Platz und blättern in unserem Logis-Katalog nach Alternativen. Es gibt exakt eine: direkt an der Mautstation am Autobahnzubringer. Der Weg dorthin führt über belebte Straßen und am Ende zu einer Motel-ähnlichen Ansammlung von Gebäuden. Madame ist freundlich, unsere Räder bekommen die Abstellkammer direkt neben unserem Zimmer; natürlich kostenlos, aber leider im ersten Stock, so dass wir unser gesamtes Hab und Gut die Treppe hinauf schleppen müssen.
Das Zimmer ist karg möbliert, aber insgesamt OK, vom Fenster aus sehe ich, wie eine stattliche Ratte in einem Loch neben dem Fallrohr verschwindet. Es ist kurz nach sechs und eigentlich noch ziemlich früh für ein anständiges Nachttier.
Das Essen ist viel besser als erwartet (Chèvre chaud, Vorspeisen vom Buffet, Magret de Canard, Pavé de Boeuf), der Service schwer auf Draht und der Wein super. Am Tisch hinter uns bestellt eine Amerikanerin ein Bier und eine Flasche Rotwein, das Bier ist für ihren Mann, den Wein presst sie in ihren eigenen Körper. Und weil das während der Mahlzeit nur unzureichend klappt, füllt sie das Glas zum Abschied noch einmal randvoll auf und balanciert es und sich in Richtung Treppe.
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Panaroma an der Mautstelle, schließen wir die Vorhänge |