Alle reden von Orgosolo. Wir auch. |
Unser Frühstück ist heute sehr sardisch und mit allerlei, worauf wir gar nicht vorbereitet waren, wie z.B. geräucherter Ricotta, Zwieback und trockenes Weißbrot. Dafür gab's keine Brötchen und keinen Saft, stattdessen hervorragende Croissants und Pains au chocolat. Wir haben als einzige „richtig“ gefrühstückt. Alle andern haben nur einen Kaffee und ein Croissant genommen. So ähnlich werde ich es morgen auch machen.
Über die Croissants haben wir hinterher noch mit der Frau vom Service gesprochen – die macht sie selber. Nach ihrer Aussage eine harte Arbeit, aber sie macht es gerne und freut sich über das gute Ergebnis.
Nach dem Frühstück haben wir unseren Parkplatz aufgegeben und sind ab Villanova Strisaili auf der alten SS125 in Richtung Norden gefahren. Anfangs haben wir es wieder mit Nuraghen und Hühnengräberen versucht, natürlich wieder ohne Erfolg. Dafür haben wir mit Kühen und ihren Kälber die Straße geteilt und viele wilde Herden gesehen, die Straßen blockieren, Verkehrsinseln abgrasen und z.B. das Blattwerk von Bäumen auf einer Länge halten: Wo die Kuh den Baum erreicht, wächst nichts mehr.
Die alte SS125 läuft quasi parallel zur neuen SS125var. Wir sind sie 1984 von Norden kommend gefahren und haben mit Schrecken den Bau der neuen Straße und die dafür notwendigen Eingriffe in die Natur des Tales gesehen. Die weggesprengten Teil der Berge sind immer noch gut zu erkennen, die vier besonders Flächen werden aber bereit von oben und links und rechts wieder von Büschen und Bäumen besiedelt.
Das macht die Straße nicht schöner, aber in 50 Jahren wird man wohl nicht mehr sehen, mit welcher Wucht sie durch das Tal geschlagen wurde. Die alte Straße wird bis dahin auch Geschichte sein, der Staat überlässt sie sich selbst. Die Schlaglöcher sind beachtlich, und die Böschung wächst von den Seiten in die Mitte.
Unterwegs sehen und erkennen wir vieles (wieder), darunter die Piscine naturali di Bau Aradulu. Leider ist auch in Sardinien das Wasser knapp, sodass es den Bädern so geht wie den Flüssen und Stauseen, sie trockenen aus. Nahe der Area Archeologica di Sa Carcaredda reicht es dann sogar für ein Hühnengrab. So rechte Begeisterung will sich jedoch nicht einstellen.
Über den Passo di Correboi erreichen wir mittags Mamoiada und setzen uns zwecks Panino in eine Bar, die offensichtlich ein Rocker- oder Biker-Treffpunkt ist. Man kennt sich, man schwätzt laut über allerlei, man kommt laut an, man fährt laut ab. Ein Hühnerstall ist nichts dagegen.
Parallel suchen wir erfolglos eine Bleibe für die nächsten zwei Tage. Einige Angebote rufen vier- und fünfstellige Preise auf (nein, nicht Lire), andere sind einfach belegt. Eines der auf Google angezeigten Hotels ist wohl eher eine Einrichtung, die man nicht nur tagesweise aufsucht: Casa Debili.
Unsere nächste Station gegen die Zeit ist Orgosolo. Die Murales dort gibt es noch, sie sind zum USP der Stadt geworden. Und noch immer laufen Mittzwanziger, die analoge Kameras mit langen Linsen tragen, paarweise durch die Gassen und fotografieren, was der Putz hält. Wir fahren mit dem Auto durch, sehen zerfallene und zerfallende Häuser neben alten und neuen Häusern. In vielen Straßen werden gerade Neubauten errichtet. Das Freilichtmuseum lebt.
Wir fahren weiter nach Fonni und von dort über die SP7 nach Süden. Es geht rauf und runter, links- und rechtsrum, von einem Tal durchs nächste. Statt der bisher die Landschaft bestimmenden Nadelbäume dominieren jetzt Eichen und andere Laubgewächse. Vor lauter Impressionen vergisst man da leicht die Zeit.
In Desulu, wo noch überraschend viele Häuser stehen, deren Bauweise an die traditionellen Trockenmauern erinnert, stellen wir zufällig fest, dass es schon nach vier Uhr ist. Das spricht gegen eine Fortsetzung der Fahrt in südlicher Richtung. Also fragen wir Google und bekommen eine klare Antwort: umdrehen!
Also alles zurück bis kurz vor Fonni und dort auf die Schnellstraße nach Süden. Um kurz vor sechs erreichen wir Lanusei, einen Parkplatz vom Chef gibt's heute leider nicht. Ich fahre also zum Zentralparkplatz, verfahre mich und werde zur Strafe von Maps durch die schmalsten Gassen Lanuseis geschickt. Der Vertreter des Chefs erklärt mir anschließend, dass man die Straßen mit einem 500er Fiat hervorragend passieren kann.
Wir waschen, duschen und ruhen uns aus. Um kurz nach acht sitzen wir auf der vollbesetzten Terrasse und hoffen auf zwei Abendessen. Bestellt ist schnell, mit der Lieferung dauert es ein bisschen. Wir teilen je ein Tartare di manzo und Malloreddus al ragù bianco di coniglio. Dann gibt's je ein Mal Suprema di pollo und Parasangue di manzo, leider nicht so weich, wie man es nach 20 Stunden im Schmortopf erwarten könnte.
Mit unserem Hotel für die letzten beiden Nächte auf Sardinien sind wir noch nicht entscheidend weiter gekommen, mal sehen, wie es sich entwickelt.