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Dienstag, 18. Juni 2024

Die Weinfest-Reise, 2. Tag: Den Fluss entlanggestromert

Vorboten von Homburg am Main


18. Juni 2024


Die Nacht war nicht einfach. Omas Muskeln brannten weiter lichterloh, dazu einige weitere Malaisen. Opas Muskeln brannten weniger, die Krämpfe von gestern Abend hatten aber absolut gereicht. Zu allem Überfluss war dann auch noch der Hirschtalgstift leer.


Frühstück gab es trotzdem, insgesamt hatte das Hotel tatsächlich mehr als zehn zahlende Besucher. Das Angebot war in Ordnung, die Bedienung freundlich, die Brötchen etwas weich. Wir haben uns trotzdem zwei als Wegzehrung aufbereitet und mitgenommen.


Beim Zahlen erfahren wir dann, warum uns das Zimmer diesmal nicht sooo gut gefallen hat – es war das billigste, das sie haben, und wir haben es selbst bestellt. Außerdem war der DJ von gestern Nachmittag kein DJ, sondern eine DJane bzw. die Leiterin der Spinning-Gruppe im nahen Fitnessstudio, die zweimal pro Woche ihre Kunden anschreit.


Die Wirtin versichert uns, dass sie bereits viel versucht hätten, um etwas Ruhe herzustellen, aber wegen je einer Stunde an zwei Tagen kann man laut Polizei nicht von Ruhestörung ausgehen. Und dann ist der Eigner des Studios auch noch im Stadtrat ...


Um Viertel vor zehn starten wir in Richtung Main, für den Hirschtalkstift fahren wir nicht mehr zur Apotheke, den kaufen wir unterwegs.


Gleich hinter Marktheidenfeld der erste Aufreger: Aus südlicher Richtung kommen uns zwei Baufahrzeuge von Leonhard Weiss auf dem Radweg entgegen. Der erste, ein kleinerer Laster, fährt langsamer und macht möglichst viel Platz. Danach kommt der große Bruder, der kaum einen Millimeter weichen will und auch das Tempo nur unwesentlich reduziert.


Darauf laut angesprochen, brüllt er wie irre aus dem Fenster und brettert an uns vorbei. Mal sehen, wie sich die Geschäftsführung des Unternehmens dazu äußert.


Diesen Stein fotografieren wir, seit er steht


Bis Urphar ist alles wie bei unserer kleinen Frankenrunde im letzten August, nur ohne Regen. Ab Urphar ist dann alles sehr vertraut und doch ganz anders. Immer mal wieder wurde neu gebaut, der Weg etwas verändert, usw.


Bei Eichel, kurz vor Wertheim, wurde er z.B. etwa 20 Meter früher auf den Bürgersteig geführt. Jetzt müssen die Autofahrer, die vom Parkplatz des örtlichen Fußballvereins auf die Straße fahren, nicht mehr wahllos Radfahrer umnieten. Sie haben freie Sicht, deutlich mehr Zeit und können jetzt in Ruhe aussuchen, wen sie treffen.


Deutsche Romantik entlang des Main-Radwegs


In Wertheim angekommen, biegen wir nicht gleich auf die Brücke nach Kreuzwertheim ab, sondern sprechen erstmal bei zwei Apotheken wegen des Stiftes vor. Schon die erste hat ihn nicht, und die zweite muss ebenfalls passen.


Besagte zweite Apotheke liegt an einer Ecke zum Marktplatz und bietet eine Besonderheit: Eine Mitarbeiterin ist für das englischsprachige Klientel verantwortlich, die andere für das deutschsprachige. Da die Amerikaner von der Personenzahl klar im Vorteil sind (8:1), werde ich sofort bedient.


Auf dem weiteren Weg reift die Erkenntnis, dass wir so wahrscheinlich nicht zum gewünschten und benötigen Stift kommen werden. Deshalb halten wir irgendwo an einer schönen Bank und rufen eine Apotheke an unserem heutigen Ziel an. Frau Neugebauer nimmt unsere Bestellung gerne entgegen, ab 17 Uhr können wir den Stift abholen.


Nach der Hälfte des Weges entscheiden wir, uns die restlichen 40 Kilometer schieben zu lassen. Das geht zu Lasten der Batterie, der Wattzahl, der Herzfrequenz und der Kalorien. Dem vorbelasteten Hintern bringt es auch nichts, aber wir kommen zumindest ein bisschen schneller voran.


Generell ist das mit dem Motor so eine Sache: Tritt man langsam und mit geringer Intensität, schiebt er ordentlich, aber das hat mit unserer Art von Rad fahren wenig zu tun. Tritt man so, wie wir immer treten, kommt man schnell über 25 km/h, und dann fährt man mit eigener Kraft.


Ende des Jahres ist unsere Garantiezeit abgelaufen, dann tunen wir die Motoren auf 30 km/h und kaufen zwei Range extender. Mal sehen, wie es dann aussieht.


Malerisch vor Miltenberg


Um halb eins machen wir kurz vor Collenberg an einem Spielplatz Mittagspause. Wenig später erreichen wir das Klohäuschen in Bürgstadt, kurz danach gibt es ein wenig überzeugendes Eis beim Eiscafé Cortina in Miltenberg. Da war's bei den Jugoslawen gestern in Marktheidenfeld viel besser.


Um drei sind die Akkus leer, und wir sind am Hotel und warten auf den Inhaber, der uns trotz Siesta reinlassen will. Eine vom Alter passende Dame mit Tochter und Enkel im Kinderwagen spricht uns an. Sie fährt den Mahle X35 und freut sich, dass wir das auch machen.


Noch malerischer vor Miltenberg

Die Gattin hat sich den Hintern aufgescheuert, hoffentlich kann sie morgen weiterfahren. Wir duschen und legen uns erstmal hin, um sechs gehe ich in die Römer Apotheke, um den Hirschtalkstift abzuholen.


Frau Neugebauer hat schon Feierabend, der Chef bedient persönlich. Anfangs ist er etwas muffig, aber nach Schilderung unserer Problems taut er merklich auf und berät mich umfassend. Das kostet ihn Umsatz, denn er rät von weiterer Medikation der aufgescheuerten Stelle ab, aber der Kunde geht mit einem guten Gefühl.


Kurz nach sieben sitzen wir draußen vor unserem Hotel zum Essen. Es gibt einen Spargelsalat vorneweg, 1x Matjes und ein fränkisches Schnitzel (= Münchener Schnitzel mit Meerrettich). Dazu reichlich Hefeweizen und anschließend 1x Apfelstrudel und 1x Eis mit heißen Himbeeren. Die Küche ist gut, der Preis ist OK.


Während die Gattin drinnen zahlt, warte ich draußen. Da spricht mich ein Raucher an. Er sei geschäftlich hier, die ganze Woche lang. In Großwallstadt habe ein neuer POCO-Markt eröffnet und er komme aus Gießen, um die Kollegen einzuarbeiten. Da sei es doch besser, er wohne hier, statt täglich 200 Kilometer hin und her zu fahren.


Meine Frau rettet mich vor weiteren Informationen. Zurück im Zimmer schauen wir die zweite Halbzeit des EM-Spiels zwischen POR und CZE, das ab der 60. Minute viel Vergnügen macht.


Hier haben wir uns heute entlanggeschlängelt