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Freitag, 30. Mai 2025

Frühling 2025 – 30. Mai: Bastelica / Ajaccio

Le but de la religion est d'empêcher les pauvres de tuer les riches

Das Frühstück ist heute noch schlechter als gestern: gerade mal drei oder vier Stücke Baguette, ebensoviele Stücke Wurst und Schinken, wenig Käse. Trotzdem sind alle Gäste noch bzw. wieder da plus zwei bis vier weitere Gäste.

Gerade, was Wurst und Käse angeht, ist das Angebot eine echte Katastrophe. Alles zu dick geschnitten, alles sehr fettig und weitgehend geschmacksfrei, und das hier, wo es in Laufweite wirklich sehr gute Qualität gibt.

Besser, weil nicht falsch aufgebacken, ist nur das Baguette. Und weil Monsieur den beiden gestern angekommenen Damen den Hof macht, fällt auch für uns noch ein frisch aufgebrühter Kaffee ab. Quel bonheur!

Nach dem Frühstück ist vor der Fähre. Mit dem gestern gewonnenen Wissen um die Probleme mit der Überfahrt nach Sardinien suche ich im Netz alles, was nach Fähre aussieht. Einerseits gibt es viele Ticketanbieter, andererseits gibt es nur noch ein einziges Unternehmen: Ichnusa Lines.

Das Suchen über die Agenten kostet unnötig Zeit und Nerven, weil überall Daten eingegeben und Termine geprüft werden müssen, deshalb versuche ich es nach zwei ergebnislosen Anläufen direkt bei Ichnusa. Auch das gestaltet sich zunächst schwierig, weil ständig irgendein Datum nicht passt und das jeweils buchbare Angebot sich immer wieder ändert. Aber am Ende haben wir ein Ticket für die Überfahrt am 7. Juni 2025.

Das ist zwei Tage später als gedacht. Hoffentlich ist das Hotel gut, in das wir am Sonntag umziehen. Hoffentlich hat es zwei Tage länger Platz für uns.

N'interrompez jamais votre ennemi lorsqu'il fait une erreur


Nach diesem Erfolg geht's nach Ajaccio, der Hauptstadt aller Korsen. Die Entfernung beträgt knapp 40 Kilometer, Google veranschlagt dafür etwas mehr als eine Dreiviertelstunde. Auf der D27 geht es in unzähligen Windungen und Wendungen nach Südwesten, bei Cauro wechseln wir auf die breitere, geradere und besser asphaltierte T40.

Unterwegs rufe ich unsere Werkstatt wegen der Kratzer an, die ich bei der Entfernung von Taubenschiss auf der Windschutzscheibe hinterlassen habe. Die Verbindung ist schlecht, die Nachrichten ebenfalls: lässt sich nicht korrigieren.

In Ajaccio angekommen, finden wir einen schattigen Parkplatz direkt an der Hafenpromenade. Ein bisschen eng vielleicht, aber kostenfrei und schattig. Von dort laufen wir in Richtung Altstadt und nehmen unterwegs kurz einen Café noisette / Cabinet.

L'avenir d'un enfant est l'oeuvre de sa mère

Vorbei an unzähligen Tinnef-Läden und zweifelhaften Nahrungsangeboten erreichen wir das Maison Bonaparte in einem Gässchen, das wir tatsächlich kostenlos passieren dürfen. Da sind die Prager mit ihrem Kafka schon lange viel weiter.

Si vous voulez qu'une chose soit bien faite, faites-la vous-même

Am Ende unserer Strecke besuchen wir die 
Cathédrale Notre-Dame-de-l’Assomption, in der heute die Orgel den Raum flutet und in der Napoleon Bonaparte seine letzte Ruhe fand: „Si l’on proscrit mon cadavre, comme on a proscrit ma personne, que l’on me refuse un peu de terre, je souhaite que l’on m’inhume auprès de mes ancêtres dans la cathédrale d’Ajaccio, en Corse“ verfügte der Korse am 29. April 1821 im Exil auf St. Helena.

Der großen Worte sind nun genug niedergelegt, wir gehen zurück durch eine eigentlich ganz schöne Stadt, die inzwischen aber einen eher runtergekommen Eindruck macht und an vielen Stellen ziemlich streng riecht.


Une société sans religion est comme un vaisseau sans boussole

Auf dem Rückweg fällt uns erneut auf, was uns in den letzten Tagen immer wieder aufgefallen war: die hohe Porsche-Dichte auf Korsika. Offensichtlich üben die kurvenreichen Straßen eine nahezu magische Anziehungskraft auf Menschen aus, die a) einen Porsche besitzen und b) nicht recht wissen, wo außerhalb Korsikas sie mit diesem entlang schöner Bergstrecken fahren können.

Zurück im Hotel frönen wir einem frugalen Mittagessen und einer Stunde der Ruhe. Nach der schwierigen Kommunikation auf dem Weg nach Ajaccio ruft nochmal die Werkstatt an und bestätigt, dass die Kratzer wohl irreparabel sind.

Chaque heure de temps perdu est une chance de malheur futur

Den späteren Nachmittag verbringen wir schreibend, Fotos sortierend, Raupen vertreibend und mit dem Patron parlierend im Garten.

Um 19.15 Uhr machen wir uns im Auto auf den Weg zu „Chez Paul“, wo wir bereits erwartet werden und einen wirklich schönen Abend verbringen.

Die Tochter des Hauses hat uns den besten Aussichtsplatz auf der Terrasse reserviert, zum Apéritif nehmen wir einen Vin de myrthe und einen Vin de clémentine. Jede/r von uns hat die richtige Wahl getroffen.

Zum Essen gibt's zwei Mal Charcutèrie Corse, danach Cannelloni au brocciu und Sauté de veau avec haricots à la mode corse. Dazu zwei Flaschen des sehr trinkbaren Hausweins und hinterher eine Creme brulèe und eine Creme de chataignes.

Korsika ist tatsächlich eine Reise wert.


P.S.: Anders als am ersten Abend in Bastelica sind die Cannelloni au brocciu diesmal wirklich wie Cannelloni gemacht, die Füllung ist also von Teig umschlossen, schmilzt nicht während des Überbackens und vermengt sich im Ofen auch nicht mit dem Tomatensugo. Das Ergebnis sieht besser aus als in den offenen Conchiglie und schmeckt auch besser.

Donnerstag, 29. Mai 2025

Frühling 2025 – 29. Mai: Bastelica

Les Gorges du Prunelli – beliebtes Ziel gut besetzter Busse

Auch im Hotel Artemisia gibt es Frühstück zu einem ambitionierten Preis. Verglichen mit den letzten Tagen in Erbalunga ist es jedoch ein schwerer Abstieg: Kaffee aus der Thermoskanne, nur kalte Milch, trockenes Baguette, trockener Kuchen, viel zu dick geschnittene Charcuterie. Eigentlich ist nur der O-Saft OK.

Monsieur versucht, das Elend mit einem Omelette zu kompensieren, wenigstens das ist nicht ganz schlecht.

Heult das Wasser, steht der Stein

Unser heutiges Ziel ist der Lac de Tolla, laut komoot sind es rund 600 Höhenmeter hin und zurück, das wird der Akku schaffen.

Die Straße ist jetzt so breit, dass sie in Deutschland nur noch als einspurig durchginge. Einige Passagen sind ganz frisch asphaltiert und sehr gut zu fahren. Auf dem Weg zum zum See machen wir an den Gorges du Prunelli halt. Einerseits, weil die Brücke einen beeindruckenden Blick ins tosende Wasser erlaubt, andererseits, weil vor uns ein Bus den Weg versperrt.

Ihn und seinesgleichen sehen wir unterwegs immer wieder, wie sie sich vor uns durch die schmale Straße und die engen Kurven hinauf zum Bergsee quälen, wie sie immer wieder ihre Fahrgäste zum Fotografieren und Staunen in die Landschaft entlassen und wie sie immer wieder den Verkehr aufhalten beziehungsweise von entgegenkommenden Fahrzeugen aufgehalten werden.

Während der Businhalt sich vor uns über die Straße und den Parkplatz ergießt, kommen von oben vier dieser braungebrannten 2.000-Höhenmeter-Jungs die Straße entlang und bahnen sich mit energischem Ton den Weg.

Rennradfahrer müsste man sein!


Egal, aus welchem Grund, hier bleibt einem die Luft weg


Tolla ist ein malerisches Dörfchen am und oberhalb des Sees. Wir fahren auf der D3 durch den Ort und weiter bis zum Belvedère de Mercujo. Von dort aus haben wir die Straße bis weit hinunter ins Tal im Blick und fragen uns, ob es wirklich sinnvoll ist, jetzt noch zwei- bis dreihundert Höhenmeter hinunter zu düsen, um sie gleich danach wieder hoch zu strampeln.


Die Antwort lautet: nein. Also drehen wir um.


See so weit das Auge reicht

Es geht als wieder durch Tolla, die Leute machen einen entspannten Eindruck, reden miteinander und kümmern sich nicht weiter um Knalltüten wie uns. Eine Motorradfahrerin, die ich neben ihrem Haus auf den See und dessen Temperatur anspreche, meint, dass Baden möglich sei, aber „c'est mieux en août!“

In einer Linkskurve kurz hinter dem Ortsausgang stehen viele Pkw mit laufendem Motor, sie kommen nicht weiter und warten darauf, dass der entgegenkommende Bus am ersten Pkw vorbeikommt. Gleich geht es weiter, kein Stress.

Straße mit gutem Belag und ebensolchem Blick

Den habe ich dann kurze Zeit später: In einer scharfen Rechtskurve kommt mir ein moderner James Dean im offenen Roadster entgegen. Auch er glaubt wohl, er wäre auf einer einspurigen Straße unterwegs, schaut deshalb verständnislos und kann gerade noch bremsen und das Steuer nach rechts reißen.

Damit schenkt er mir die kommenden Lebensjahre, da ich aber – zumindest gefühlt – auf seiner Spur gefahren bin, hupt er nochmal wütend, nachdem er uns passiert hat.

Schwarze, braune, große, kleine – alles Schweine

Wir fahren erleichtert weiter, die Gattin bewundert die Landschaft und ruft immer wieder „Nee“ oder „Nee, Leute“. Einige Kilometer vor Bastelica kommen wir an einem großen Schweinegehege zur Rechten vorbei. Die Tiere machen schöne Töne, sind interessiert und zutraulich. Sie riechen zwar ein bisschen nach Tier, aber nicht so wie die armen Schweine, die in deutschen Ställen in ihrer eigenen Scheiße liegen.

Das sieht auch der Schweizer so, der im offenen Autoskelett (was auch immer er da fahren mag) neben uns hält, Schweine streichelt und „Die stinken ja gar nicht“ konstatiert.

In Bastelica angekommen, fahren wir hinauf zu „Chez Paul“, wo wir für den Abend reservieren möchten. Leider Fehlanzeige, heute ist Ascencion und abends geschlossen. Pauls Tochter bucht uns für morgen Abend ein und empfiehlt für heute das „Scaldasole“. Donnerstags hat sonst keiner geöffnet.

Zurück im Hotel, essen wir vom sehr guten korsischen Pecorino und Schafskäse, danach schreibe ich, während Madame ruht.

Der Patron erzählt uns später, dass er die Fähre nach Sardinien an unserer Stelle bald buchen würde. Seinem Bruder und dessen Freunden sei gerade die Überfahrt verwehrt worden, weil die Kapazität der Fähre überschritten worden sei. Und das, obwohl sie schon vor vier Monaten gebucht hatten. Wir stellen später fest, dass es zum von uns angepeilten Termin keine Autostellplätze mehr auf den Fähren gibt.

Das Abendessen ist ein Glücksfall. Wir starten mit einer Planche de charcutèrie und verstehen erstmals, warum Menschen von den Würsten und Schinken der Korsen schwärmen. Dann gibt es Magret de Canard au miel und Tagliata de Boeuf, beides üppig portioniert und sehr gut zubereitet.

Da wir im Rausgehen etwas länger vor den dargebotenen Würsten und Schinken des Hauses verweilen, wittert die Chefin weitere Umsätze und unterbricht für uns ihr Essen. Auf unseren Hinweis, dass wir gerne würden, aber noch einen zu langen Transportweg vor uns haben, wechselt ihr Gefühl von Geschäftssinn zu Mitleid.

Wir kommen gut heim, machen noch ein bisschen Duolingo und gehen bald schlafen.

Tolla See, gefährliche Nebenstraße

Frühling 2025 – 28. Mai: Bastelica

Eine letzte Fahrt durch Bastia

Von den Kindern hören wir heute praktisch nichts. Dafür fährt einer unserer Porsche-Freunde gegen halb neun auf dem Parkplatz stehend schon mal alle Kurven und sonstigen Schönheiten der morgigen Rallye. Da kann sich die Strecke auf einiges gefasst machen.

Die Tische fürs Frühstück sind weitgehend besetzt, offensichtlich ist die Hütte voll. Zwischen den Buffets – Achtung, Wortspiel! – herrscht reger Verkehr, und die Damen im Service haben mit dem Abräumen der Tische wirklich alle Hände voll zu tun.

Gegen zehn fahren die Engländer los, und wir sind überrascht, mit wie wenig Lärm das verbunden ist. Das dürfte morgen mit den Porsches anders werden. Wir schaffen es, um kurz nach zehn los zu fahren. Laut Google werden wir etwa um 14 Uhr in Bastelica sein.

Anfangs verlieren wir etwas Zeit, weil vor Bastia recht starker Verkehr herrscht. Wir halten nach der Stadt bei Monoprix, wo wir all das nicht bekommen, was wir suchten. Dafür kann ich dabei helfen, einen blauen Clio in eine günstige Position zu schieben, aus der er leicht bergab rollen und tatsächlich auch starten kann.

Den nächsten Stopp machen wir bei Auchan, wo wir unseren Essig und andere korsiche Feinheiten finden. Langsam muss das Einkaufen aber ein Ende haben, unsere Ladeebene unter dem Kofferraum ist schon fast komplett gefüllt.

Von der östlichen Seite in den Parque naturel régional de Corse

Anschließend sieht es dann so aus, wie vor oder nach jeder etwas größeren französischen Stadt, es geht weiter durch Gewerbegebiete in Richtung Ajaccio. Nach ca fünf Kilometern lässt der Schrecken nach, bei Casamozza fahren wir raus in die Hügel, entlang des Golo. An dessen Ufer bzw. am Pont de Ponte-Nuovo sur le Golo besiegelten französische Truppen am 20. Juli 1928 endgültig die Annexion der Insel durch Frankreich.

Wir schlagen keine Schlachten, sondern weichen einem silbernen Clio, aus, der mitten auf der Straße liegengeblieben ist und nun eine Kurve blockiert. Irgendwie sinkt mein Vertrauen in Renault-Fahrzeuge heute nochmal deutlich.

Entlang der T20 sehen wir einige alte Eisenbahnbrücken, teilweise werden sie saniert. Madame fährt, was die Straßen zulassen, trotzdem entwickelt sich unser Zeitbudget negativ. Es wird immer grüner. Die höchsten Gipfel des Nationalparks strahlen schneebedeckt, das Thermometer zeigt 26 Grad, das Mobiltelefon ist mitten in der Wildnis im 5G-Netz.


Korsen lassen einfach gerne die Sau raus


Und auch sonst muss man sich wundern, was hier alles frei herumläuft


Bei Bocognano verlassen wir die Territoriale 20 zugunsten der Départementale 27. Wer bisher dachte, dass es enger und kurviger nicht gehen könnte, wird auf den folgenden 23 Kilometern eines Besseren belehrt.

Die Gattin fährt wie die Teufelin, kurz nach 16 Uhr erreichen wir unser Hotel. Der Patron empfängt uns auf dem Platz vor dem Eingang und macht uns gleich mit allen Eigenarten des Hauses vertraut.

Danach übernehmen wir unser Zimmer, ziehen uns um und bauen die Räder zusammen. Um kurz vor fünf fahren wir los, hinauf zur Ski-Station im Val d'Ese. Der Patron bittet allerdings darum, nicht die ganzen 16 Kilometer hinauf zu fahren, damit wir pünktlich zum Essen wieder da sind.


Schöne Aussichten in Bastelica

Also fahren wir ein Stück durch den Ort und dann auf schmaler, gewundener Straße die Berge hinauf. Links blüht der Ginster, rechts stürzt der Berg ins Tal (oder umgekehrt). Die wechselnden Aussichten haben alle eins gemeinsam: Sie rauben uns den Atem.

Nach knapp 40 Minuten und neun Kilometern ist leider Schluss, wir drehen um und donnern die gleiche Strecke in einer Viertelstunde zurück. Am Hotel angekommen, tun uns vom Bremsen die Hände weh. Mit Felgenbremsen hätte ich das nicht machen wollen.

Über allen Gipfeln ist Ruh' ...

... auch über diesen

Wir füttern unsere Pferdchen in einem kleinen Häuschen mit Steckdose, nach dem Duschen gibt es dann Essen unten im kleinen Bewirtungsbereich.

Zum Apéritif sitzen wir mit vier anderen Pärchen an Zweiertischen auf der Terrasse am Haus. Einer der Tischen ist ebenfalls deutsch besetzt, von einem Paar, das laut Nummerenschild aus Böblingen den Weg nach Korsika bewältigt hat.

Die beiden sind um die dreißig, er geht als eher schmächtiges Kerlchen durch, sie könnte als missmutige Nörglerin Karriere machen. Immer die Mundwinkel unten, immer diesen leicht klagenden, vorwurfsvollen Ton, den man oft von Frauen hört.

Was die Herrschaften wohl beruflich machen?

Sie rerdet pausenlos von Lehrern, von Schülern, von Studenten. Er sagt kaum was, er kommt ja nicht dazu. Wir tendieren also unabhängig voneinander zum Beruf des Lehrers. Es folgt der Blick in den deutschen Ferienkalender und unsere Theorie bricht zusammen. Lehrer werden aktuell und baW jeden Morgen in den Schulen erwartet, als Studenten gehen sie nicht so recht durch, bleibt eventuell ein Job in einem Bildungsministerium – ist ja auch egal.

Nach dem Apéritif tischt Monsieur eine nach seinen Worten korsische Spezialität auf: drei Conchiglie mit Schafskäse, Petersile und Minze gefüllt. Das Ganze nennt sich au brocciu und wird mit Tomatensugo gratiniert. Man fragt sich, warum es italienischer Pasta bedarf, um korsische Spezialitäten zu kochen, und warum man angemachten Käse mit Tomate überbacken sollte. Dann kommt ein kleines Schweinesteak mit Salzkartoffeln und sechs Stangenböhnchen (bio!), gefolgt von einer Pavlova mit Birnenstückchen.

Wir sind nicht übermäßig satt und fragen uns schon wieder etwas. Nämlich, warum dieses zweifelhafte Vergnügen 40 Euro pro Mund bzw. Magen gekostet hat. Zumindest der Wein war in Ordnung.

Zurück ins Dorf

Heute geht's ohne Eule ins Bett, wir schlafen gut, nur die Hüfte ist nicht ganz glücklich.

Schnell noch ein paar Meter hinauf zur Ski-Station

Frühling 2025 – 27. Mai: Erbalunga / Bastia

Farbenfrohes Bastia

Die Schule fängt auch am Dienstagmorgen pünktlich an – ergo sitzt der Tourist früh am Frühstückstisch.

Die Fähre hat wieder neue Passagiere an Land gespült. Auf dem Weg zum Innenhof sehen wir vom Pool aus eine etwa siebzigjährige Frau, die routiniert ihren etwa gleichaltrigen hellblauen Porsche 356 A rückwärts einparkt. Damit man sie auch abseits des Parkplatzes leicht mit ihrem Auto verbinden kann, trägt sie einen Mechaniker-Overall im Hellblau des Autos.

In diesem sitzt sie beim Frühstück mit einer ebenfalls etwa gleichaltrigen Frau zusammen, deren Gesicht nach mehreren Schönheitsreparaturen bis zur Kenntlichkeit entstellt ist. An unserem Nachbartisch sitzt parallel ein Ehepaar in den Achtzigern; der Mann führt seinen Nagelpilz in Sandalen vor.

Auch in Notre Dame de Lourdes sind Schuld und Sühne klar verteilt

Fahrrad ist heute erstmal nicht geplant, stattdessen fahren wir gegen halb elf nach Bastia, parken nahe des Hafens und gehen durch die Stadt, schauen überall rum, hier und da mal rein und fahren nach eins zurück.

Das nördliche Korsika spricht wie das südliche Italien


Vom Meeresspiegel geht es auch in Bastia steil bergauf


Bei unserer Rückkehr ist der Hotel-Parkplatz mit sieben weiteren Porsche unterschiedlicher Baujahre, Farben und Ausstattungen bestückt, etwa die Hälfte der Fahrzeuge stammt aus der Schweiz, ist ja nicht so weit. Von 1958 bis 2020 ist alles vertreten, manche schöner, einige völlig verunstaltet, aber alle werden an einer Rallye an Christi Himmelfahrt teilnehmen.


Wo noch Parkplätzchen frei waren, stehen jetzt acht dicke BMW-Motorräder aus UK.


Geld und Geschmack gehen nicht immer Hand in Hand


Mittags essen wir unsere Reste auf: Käse, Tomaten und die Souvenirs vom gestrigen Abendessen. Nach dem Mittagsschlaf gehen wir an den großen, später an den kleinen, unbeheizten Pool, den wir von unserem Zimmer aus sehen können. Zurück im Zimmer duschen wir, trinken einen Kaffee und machen Duolingo.


Keine Zeit mehr für das Blog.


Abends wieder die leidige Frage nach dem richtigen Lokal. Im Ort bzw. rund um den Hafen wieder das gleiche Bild, kein Restaurant, in dem wir wirklich gerne essen würden.

Aber anders als an den vergangenen Abenden leuchtet rechts an der Ecke, neben dem heute geschlossenen A Piazzetta, ein kleines Licht: das Cantinalolo. Drinnen wie draußen sieht es originell aus, die Kellnerin lächelt zauberhaft, wir möchten bleiben. Lieber draußen als drinnen – die freundliche Dame widmet für uns einen Dreier- zum Zweiertisch um.

Das kommt bei einem anderen deutschen Paar nicht gut an. Die beiden sitzen direkt neben der Eingangstür und können sich denkbar schlecht verständigen, aber sie hätten lieber an unserem Tisch gesessen, was die Kellnerin ihnen zuvor verwehrt hatte. Innerlich danke ich Madame Nicoli für ihre Geduld bei dem Versuch, unser Französisch zu entwickeln.

Flan für sechs Personen, Laurent-Perrier stellt leider nur die Kühlung

Das andere Paar geht vorzeitig, Lolo sagt, es breche ihm das Herz und, wir haben den bisher besten Abend auf Korsika. Vorneweg teilen wir uns Poireaux vinaigrette à l'ancienne, danach gibt es Brochette de Poulet und Moules gratinées ail et persil. Als Dessert hat Lolo einen Flan vorbereitet, den er vor unseren Augen aus der Form stürzt und von dem er uns zwei großzügige Stücke abschneidet.

Zum Kaffee müssen wir in die Bar weiter unten gehen, dort sitzen bereits einige der BMW-Fahrer bei diversen Bieren. Später im Hotel bleibt noch etwas Zeit zum Schreiben.

Morgen geht es weiter in die Mitte der Insel, die kleine Eule verabschiedet sich und uns.

Mittwoch, 28. Mai 2025

Frühling 2025 – 26. Mai: Erbalunga

Der Strand von Pietracorbara

Nach dem Wochenende ist heute wieder Schule, und die Schule ist praktisch direkt neben unserem Zimmer. Wir lernen, dass französische Schüler nicht direkt in den Unterricht gehen, sondern sich vor Lesen und Rechnen erstmal austoben dürfen. Das macht den Touristen wach; wir sind vor neun Uhr beim Frühstück.

Da fallen uns zwei junge Frauen auf, eine feengleich schön, die andere unförmig und hässlich wie die Nacht finster. Diese Kombination habe ich schon oft gesehen, warum ist das so, warum finden die Mädels so zusammen, gibt's da tiefere Gründe?

Egal, angesichts eines Blickes in den Spiegel kümmern wir uns um unsere eigenen Unzulänglichkeiten, damit sind wir schon gut genug ausgelastet.

Heute soll es nochmal in Richtung Norden gehen und von Macinaggio aus eventuell hinauf zum Col de la Serra. Wir kommen überraschend gut in die Gänge und sind schon vor elf unterwegs.

Nach knapp zwei Stunden haben wir den höchsten Punkt unserer Ausfahrt erreicht

Die Strecke in den Norden ist ein wahres Vergnügen, denn all jene, die gestern noch mit Autos und Rennrädern die Straße verstopften, sitzen heute wieder in ihren Büros oder sonstwo und nehmen uns geplagten Reisenden nicht den kargen Raum entlang der Uferstraße weg.

Nach Macinaggio brauchen wir eine knappe Stunde, den Col de la Serra lassen wir aus, schauen wir doch lieber mal, was uns in Luri erwartet.

Der entscheidende Abzweig befindet sich in Santa Servera, wo es zunächst auf breiter Straße und ganz sanft nach oben geht. In Luri sieht es aus wie in anderen südeuropäischen Kleinstädten auch: schattig und dunkel – Stadtplanung im Zeichen der Sonne.

Die Turnhalle der örtlichen Schule hat keine Wände, dafür einen Zaun und ein luftiges Dach, das den Platz mit Basketballkörben und Fußballtoren überspannt. Der Korse gibt sich als mehr Italiener und weniger Franzose zu erkennen, und das Hôtel de ville heißt plötzlich Casa comuna.


Ein Ausblick jagt den nächsten


Im weiteren Verlauf wird die Straße immer schmaler, über Suare geht es zurück an die D80. Auf dem Weg dorthin passieren wir einen Trupp lokaler Handwerker, hören im Wald die Glocken frei grasender Ziegen oder Schafe und sehen einen großen, weißen Plüschbären, der quasi gekreuzigt an einem Zaun hängt.


Nahe Cagnano überrascht uns eine große Kirche und kurz vor der Zufahrt zur D80 sehen wir auf der linken Seite der Straße das Hotel Misincu. Es ist recht neu, macht einen feinen Eindruck und berechnet laut booking.com 341,00 Euro pro Nacht, Frühstück inklusive.


Von unserem Hotel brechen wir später mit dem Auto nach Pietracorbara auf, wo wir am örtlichen Strand anbaden wollen.

Der Strand ist gut erreichbar, hat einen ausreichend großen Parkplatz und wird, nach Aussage der Nummernschilder, gern von Deutschen, Holländern und Briten genutzt. Wir reihen uns nahtlos in diese Gruppe ein, gehen schnurstracks ins sehr flache Wasser und tauchen nach etwa dreißig Schritten ab.

Das Wasser ist klar und sehr angenehm, vom Ufer wird angewärmtes Wasser weggezogen und gegen einige Grad kälteres ausgetauscht. Das führt zu gewissen Schreckmomenten, wenn man ungewollt in diesen Austausch einbezogen wird. Wir halten das aus und verabschieden uns nach etwa einer halben Stunde mit dem Gefühl, alles richtig gemacht zu haben.

Wie kamen die Menschen nur auf Île de Beauté?

Erst bei der anschließenden Pause merken wir, wie anstrengend der heutige Tag war. Alles dauert länger und nur mit Ach und Krach schaffen wir es, bis halb acht so weit verfügbar zu sein, dass wir das Abendessen in Angriff nehmen können.

In Erbalunga ist heute nicht viel los, die meisten Restaurants haben geschlossen, die einschlägigen Wege und Plätze sind wenig frequentiert und weitgehend leer. Wir können uns nicht recht entscheiden und kommen am Ende ganz am Ende der Uferlinie zu Les Galets.

Draußen sitzt der Patron, drinnen sind auch nur zwei Tische besetzt. Der Kellner ist gut drauf und bietet uns einen Tisch im Zentrum des Geschehens an, den wir dankend zu Gunsten eines anderen, weniger exponierten Platzes ablehnen.

Essen gibt es auch: zuerst Rillettes de Thon und Tataki de Thon, danach zwei Mal Côte de Cochon in einer Portionsgröße, die mehr als einen hungrigen Erwachsenen satt gemacht hätte. Dazu empfiehlt der muntere Kellner ordentliche Weine, und am Ende kommen wir auch finanziell besser weg als erwartet.

Ganz geschafft haben wir die üppigen Portionen übrigens nicht, die reichhaltigen Reste lassen wir uns in drei(!!) Plastikbehälter einpacken. Der Kellner fragt: „Vous avez un chien?“ Viel zu spät fällt mir einen, dass „Nous sommes le chien“ die richtige Antwort gewesen wäre.

Fazit: Ein paar Schritte mehr, die sich gelohnt haben.

Uferstraße mit starker Abweichung

Dienstag, 27. Mai 2025

Frühling 2025 – 25. Mai: Erbalunga

Eine andere Welt, nur ein paar hundert Meter üdM

Das Frühstück im Innenhof gibt dem Tag gleich eine positive Perspektive. Wir lassen es gemütlich angehen, schauen den Menschen an den Nachbartischen zu, die sich ebenfalls einen schönen Sonntag machen wollen.

Das klappt mal besser, mal schlechter.

Unser kleiner Freund z.B. sitzt mit seiner hochschwangeren Mutter am Tisch, macht keinen Mucks und studiert das fremde Leben um sich herum. Irgendwann bricht er sein Studium ab und nötig die Mutter zum Abbruch des gesamten Frühstücks. Parallel tritt ein Pärchen auf den Plan, das partout mit einem anderen, bereits am Tisch sitzenden Paar kommunizieren will (man kennt sich wohl von gestern), was die anderen mehr gezwungen als erfreut hinnehmen.

Wir haben's auch nicht leicht, denn die Sonne wandert über unseren Tisch und auf unsere Köpfe und zwingt uns am Ende sogar, das Frühstück am nächsten freien Tisch zu beenden.

Wie überall, kommt die Sprache der Besatzer auch bei den Korsen nicht gut an

Unsere eigenen Ziele sind heute etwas mehr als 30 Kilometer lang und knapp 700 Meter hoch. Ein Stück südlich des Hotels geht es rechts hoch, wir folgen der schmalen und immer schmaler werdenden, steilen Straße durch ein eng bebautes Wohngebiet bis zur Cappella della Madonna delle Nevi, der verschneiten Gottesmutter.


Nur wenige der Häuser sind richtig alt, die meisten wirken wie in den letzten 10–20 Jahren gebaut bzw. renoviert oder umgebaut. Viele nehmen traditionelle Materialien und Formen auf, einige würden besser nach Spanien, in die Toskana oder in die Musterhaus-Ausstellung passen.


Über dem Meer herrscht die Ruhe, die man sich unten wünscht


Die Rampen sind zum Teil so steil, dass sich unser Motörchen richtig lohnt. Insgesamt wären die Straßen bestimmt auch mit traditionellen Rädern zu bewältigen, aber es gibt sicher gute Gründe dafür, dass wir abseits der Uferstraße kaum einem Rennrad begegnen.


Was wir oben sehen, sind Milane, die elegant durch die Luft gleiten. Überall steht die Macchia in voller Blüte und es fliegt mehr Artenvielfalt herum, als es sich der in der Großstadt und nahe der deutschen Kulturlandschaft sozialisierte Deutsche je hätte vorstellen können.


Nachdem wir den ersten Abstecher in die Hügel beendet haben und bei Lavasina wieder auf die Uferstraße treffen, sich auch die Rennräder wieder da. Bei einer einspurig wechselnden Verkehrsführung kommen wir gerade noch mit durch die Ampel in Richtung Süden und fahren die folgenden vier Kilometer allein entlang eines Pkw-Staus in der entgegenkommenden Richtung.


An diesem Stau vorbei kommt uns in langer Schlange und natürlich auf unserer Spur das ein- bis zweihundertköpfige Sonntags-Peloton entgegen. Alle hoch motiviert, alle gut ausgestattet, mehrheitlich männlich zwischen 30 und 50 Jahre alt und alle bereit, es allen anderen zu zeigen.


Was genau gezeigt werden soll, ist nicht bekannt. Die Gattin hört zwischendurch auch das Jauchzen von Geschlechtsgenossinnen. Wir biegen bei Pietranera wieder nach rechts in die aufwärts strebende Einsamkeit ab.


Die verschneite Gottesmutter ist gut mit dem lokalen Schiefer eingedeckt

Der Weg führt hinauf nach Santa-Maria-di-Lota, wo wir feststellen, dass Komoot uns irgendwie anders geleitet hat als gedacht. Ein Teil der Strecke fehlt einfach, aber wir können zumindest sehen, dass wir früher hätten abbiegen und die Runde andersherum hätten fahren können bzw. wollen. Ab das ist pas de problème, wir sind ja mit dem Fahrrad da und fahren jetzt einfach andersrum runter.

So kommen wir bei Miomo wieder ans Ufer, wo wir erfreut feststellen, dass der Stau sich komplett aufgelöst und die Zweirad-Kollegen einander längst weiter nördlich zeigen, was Kette rechts bedeuten kann.

Einer von vielen Stränden, an denen wir nicht waren

Irgendwann nach eins sind wir zurück im Hotel und essen weiter an unserem Käse aus Tournus. Dazu gibt's wieder die kleinen, bunten Tomaten und den Rest der Monoprix-Brioche. Um drei gehen wir an den Pool, spulen ein paar Bahnen ab und schleichen zurück in unser Zimmer, wo wir uns zur Ruhe betten.

Nach dem Aufstehen machen wir uns einen Kaffee, waschen wir noch ein paar T-Shirts usw. aus und hängen alles zum Trocknen auf die Terrasse. Das System funktioniert sehr gut, wir haben bislang kaum Wäsche verbraucht.

Leere Straße auf dem Rückweg nach Erbalunga

Kurz nach sieben gehen wir dann zum Essen aus dem Haus in Richtung Hafen. Dort gibt es viel Gastronomie, aber alles nicht so recht nach unserem Geschmack. Wir gehen hierhin, gehen dorthin und landen am Ende widerwillig bei „A Piazzetta“.

Das Lokal akzeptiert nur Bargeld, wird bei Tripadvisor als Nummer drei in Erbalunga geführt, wäre aber auch auf Platz zehn oder zwölf nicht falsch gelistet. Wir teilen uns ein Fritto misto und nehmen hinterher Pizza – eine mit Chorizo, eine mit Tomaten, Käse und Pilzen. Beide sind sehr fettig und haben einen deutlich zu harten Boden, aber das können wir nun auch nicht mehr ändern.

Zurück im Hotel bleibt die nachmittags bei SPAR erworbene Flasche Wein im Kühlschrank, für heute haben wir genug von allem und gehen schlafen. Die Zwergohreule ruft nach uns.

Ostküste mit Abzweigen ins Hinterland