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Eine andere Welt, nur ein paar hundert Meter üdM |
Das Frühstück im Innenhof gibt dem Tag gleich eine positive Perspektive. Wir lassen es gemütlich angehen, schauen den Menschen an den Nachbartischen zu, die sich ebenfalls einen schönen Sonntag machen wollen.
Das klappt mal besser, mal schlechter.
Unser kleiner Freund z.B. sitzt mit seiner hochschwangeren Mutter am Tisch, macht keinen Mucks und studiert das fremde Leben um sich herum. Irgendwann bricht er sein Studium ab und nötig die Mutter zum Abbruch des gesamten Frühstücks. Parallel tritt ein Pärchen auf den Plan, das partout mit einem anderen, bereits am Tisch sitzenden Paar kommunizieren will (man kennt sich wohl von gestern), was die anderen mehr gezwungen als erfreut hinnehmen.
Wir haben's auch nicht leicht, denn die Sonne wandert über unseren Tisch und auf unsere Köpfe und zwingt uns am Ende sogar, das Frühstück am nächsten freien Tisch zu beenden.
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Wie überall, kommt die Sprache der Besatzer auch bei den Korsen nicht gut an |
Unsere eigenen Ziele sind heute etwas mehr als 30 Kilometer lang und knapp 700 Meter hoch. Ein Stück südlich des Hotels geht es rechts hoch, wir folgen der schmalen und immer schmaler werdenden, steilen Straße durch ein eng bebautes Wohngebiet bis zur Cappella della Madonna delle Nevi, der verschneiten Gottesmutter.
Nur wenige der Häuser sind richtig alt, die meisten wirken wie in den letzten 10–20 Jahren gebaut bzw. renoviert oder umgebaut. Viele nehmen traditionelle Materialien und Formen auf, einige würden besser nach Spanien, in die Toskana oder in die Musterhaus-Ausstellung passen.
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Über dem Meer herrscht die Ruhe, die man sich unten wünscht |
Die Rampen sind zum Teil so steil, dass sich unser Motörchen richtig lohnt. Insgesamt wären die Straßen bestimmt auch mit traditionellen Rädern zu bewältigen, aber es gibt sicher gute Gründe dafür, dass wir abseits der Uferstraße kaum einem Rennrad begegnen.
Was wir oben sehen, sind Milane, die elegant durch die Luft gleiten. Überall steht die Macchia in voller Blüte und es fliegt mehr Artenvielfalt herum, als es sich der in der Großstadt und nahe der deutschen Kulturlandschaft sozialisierte Deutsche je hätte vorstellen können.
Nachdem wir den ersten Abstecher in die Hügel beendet haben und bei Lavasina wieder auf die Uferstraße treffen, sich auch die Rennräder wieder da. Bei einer einspurig wechselnden Verkehrsführung kommen wir gerade noch mit durch die Ampel in Richtung Süden und fahren die folgenden vier Kilometer allein entlang eines Pkw-Staus in der entgegenkommenden Richtung.
An diesem Stau vorbei kommt uns in langer Schlange und natürlich auf unserer Spur das ein- bis zweihundertköpfige Sonntags-Peloton entgegen. Alle hoch motiviert, alle gut ausgestattet, mehrheitlich männlich zwischen 30 und 50 Jahre alt und alle bereit, es allen anderen zu zeigen.
Was genau gezeigt werden soll, ist nicht bekannt. Die Gattin hört zwischendurch auch das Jauchzen von Geschlechtsgenossinnen. Wir biegen bei Pietranera wieder nach rechts in die aufwärts strebende Einsamkeit ab.
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Die verschneite Gottesmutter ist gut mit dem lokalen Schiefer eingedeckt |
Der Weg führt hinauf nach Santa-Maria-di-Lota, wo wir feststellen, dass Komoot uns irgendwie anders geleitet hat als gedacht. Ein Teil der Strecke fehlt einfach, aber wir können zumindest sehen, dass wir früher hätten abbiegen und die Runde andersherum hätten fahren können bzw. wollen. Ab das ist pas de problème, wir sind ja mit dem Fahrrad da und fahren jetzt einfach andersrum runter.
So kommen wir bei Miomo wieder ans Ufer, wo wir erfreut feststellen, dass der Stau sich komplett aufgelöst und die Zweirad-Kollegen einander längst weiter nördlich zeigen, was Kette rechts bedeuten kann.
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Einer von vielen Stränden, an denen wir nicht waren |
Irgendwann nach eins sind wir zurück im Hotel und essen weiter an unserem Käse aus Tournus. Dazu gibt's wieder die kleinen, bunten Tomaten und den Rest der Monoprix-Brioche. Um drei gehen wir an den Pool, spulen ein paar Bahnen ab und schleichen zurück in unser Zimmer, wo wir uns zur Ruhe betten.
Nach dem Aufstehen machen wir uns einen Kaffee, waschen wir noch ein paar T-Shirts usw. aus und hängen alles zum Trocknen auf die Terrasse. Das System funktioniert sehr gut, wir haben bislang kaum Wäsche verbraucht.
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Leere Straße auf dem Rückweg nach Erbalunga |
Kurz nach sieben gehen wir dann zum Essen aus dem Haus in Richtung Hafen. Dort gibt es viel Gastronomie, aber alles nicht so recht nach unserem Geschmack. Wir gehen hierhin, gehen dorthin und landen am Ende widerwillig bei „A Piazzetta“.
Das Lokal akzeptiert nur Bargeld, wird bei Tripadvisor als Nummer drei in Erbalunga geführt, wäre aber auch auf Platz zehn oder zwölf nicht falsch gelistet. Wir teilen uns ein Fritto misto und nehmen hinterher Pizza – eine mit Chorizo, eine mit Tomaten, Käse und Pilzen. Beide sind sehr fettig und haben einen deutlich zu harten Boden, aber das können wir nun auch nicht mehr ändern.
Zurück im Hotel bleibt die nachmittags bei SPAR erworbene Flasche Wein im Kühlschrank, für heute haben wir genug von allem und gehen schlafen. Die Zwergohreule ruft nach uns.
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Ostküste mit Abzweigen ins Hinterland |