Les Gorges du Prunelli – beliebtes Ziel gut besetzter Busse |
Auch im Hotel Artemisia gibt es Frühstück zu einem ambitionierten Preis. Verglichen mit den letzten Tagen in Erbalunga ist es jedoch ein schwerer Abstieg: Kaffee aus der Thermoskanne, nur kalte Milch, trockenes Baguette, trockener Kuchen, viel zu dick geschnittene Charcuterie. Eigentlich ist nur der O-Saft OK.
Monsieur versucht, das Elend mit einem Omelette zu kompensieren, wenigstens das ist nicht ganz schlecht.
Heult das Wasser, steht der Stein |
Unser heutiges Ziel ist der Lac de Tolla, laut komoot sind es rund 600 Höhenmeter hin und zurück, das wird der Akku schaffen.
Die Straße ist jetzt so breit, dass sie in Deutschland nur noch als einspurig durchginge. Einige Passagen sind ganz frisch asphaltiert und sehr gut zu fahren. Auf dem Weg zum zum See machen wir an den Gorges du Prunelli halt. Einerseits, weil die Brücke einen beeindruckenden Blick ins tosende Wasser erlaubt, andererseits, weil vor uns ein Bus den Weg versperrt.
Ihn und seinesgleichen sehen wir unterwegs immer wieder, wie sie sich vor uns durch die schmale Straße und die engen Kurven hinauf zum Bergsee quälen, wie sie immer wieder ihre Fahrgäste zum Fotografieren und Staunen in die Landschaft entlassen und wie sie immer wieder den Verkehr aufhalten beziehungsweise von entgegenkommenden Fahrzeugen aufgehalten werden.
Während der Businhalt sich vor uns über die Straße und den Parkplatz ergießt, kommen von oben vier dieser braungebrannten 2.000-Höhenmeter-Jungs die Straße entlang und bahnen sich mit energischem Ton den Weg.
Rennradfahrer müsste man sein!
Egal, aus welchem Grund, hier bleibt einem die Luft weg |
Tolla ist ein malerisches Dörfchen am und oberhalb des Sees. Wir fahren auf der D3 durch den Ort und weiter bis zum Belvedère de Mercujo. Von dort aus haben wir die Straße bis weit hinunter ins Tal im Blick und fragen uns, ob es wirklich sinnvoll ist, jetzt noch zwei- bis dreihundert Höhenmeter hinunter zu düsen, um sie gleich danach wieder hoch zu strampeln.
Die Antwort lautet: nein. Also drehen wir um.
See so weit das Auge reicht |
Es geht als wieder durch Tolla, die Leute machen einen entspannten Eindruck, reden miteinander und kümmern sich nicht weiter um Knalltüten wie uns. Eine Motorradfahrerin, die ich neben ihrem Haus auf den See und dessen Temperatur anspreche, meint, dass Baden möglich sei, aber „c'est mieux en août!“
In einer Linkskurve kurz hinter dem Ortsausgang stehen viele Pkw mit laufendem Motor, sie kommen nicht weiter und warten darauf, dass der entgegenkommende Bus am ersten Pkw vorbeikommt. Gleich geht es weiter, kein Stress.
Straße mit gutem Belag und ebensolchem Blick |
Den habe ich dann kurze Zeit später: In einer scharfen Rechtskurve kommt mir ein moderner James Dean im offenen Roadster entgegen. Auch er glaubt wohl, er wäre auf einer einspurigen Straße unterwegs, schaut deshalb verständnislos und kann gerade noch bremsen und das Steuer nach rechts reißen.
Damit schenkt er mir die kommenden Lebensjahre, da ich aber – zumindest gefühlt – auf seiner Spur gefahren bin, hupt er nochmal wütend, nachdem er uns passiert hat.
Schwarze, braune, große, kleine – alles Schweine |
Wir fahren erleichtert weiter, die Gattin bewundert die Landschaft und ruft immer wieder „Nee“ oder „Nee, Leute“. Einige Kilometer vor Bastelica kommen wir an einem großen Schweinegehege zur Rechten vorbei. Die Tiere machen schöne Töne, sind interessiert und zutraulich. Sie riechen zwar ein bisschen nach Tier, aber nicht so wie die armen Schweine, die in deutschen Ställen in ihrer eigenen Scheiße liegen.
Das sieht auch der Schweizer so, der im offenen Autoskelett (was auch immer er da fahren mag) neben uns hält, Schweine streichelt und „Die stinken ja gar nicht“ konstatiert.
In Bastelica angekommen, fahren wir hinauf zu „Chez Paul“, wo wir für den Abend reservieren möchten. Leider Fehlanzeige, heute ist Ascencion und abends geschlossen. Pauls Tochter bucht uns für morgen Abend ein und empfiehlt für heute das „Scaldasole“. Donnerstags hat sonst keiner geöffnet.
Zurück im Hotel, essen wir vom sehr guten korsischen Pecorino und Schafskäse, danach schreibe ich, während Madame ruht.
Der Patron erzählt uns später, dass er die Fähre nach Sardinien an unserer Stelle bald buchen würde. Seinem Bruder und dessen Freunden sei gerade die Überfahrt verwehrt worden, weil die Kapazität der Fähre überschritten worden sei. Und das, obwohl sie schon vor vier Monaten gebucht hatten. Wir stellen später fest, dass es zum von uns angepeilten Termin keine Autostellplätze mehr auf den Fähren gibt.
Das Abendessen ist ein Glücksfall. Wir starten mit einer Planche de charcutèrie und verstehen erstmals, warum Menschen von den Würsten und Schinken der Korsen schwärmen. Dann gibt es Magret de Canard au miel und Tagliata de Boeuf, beides üppig portioniert und sehr gut zubereitet.
Da wir im Rausgehen etwas länger vor den dargebotenen Würsten und Schinken des Hauses verweilen, wittert die Chefin weitere Umsätze und unterbricht für uns ihr Essen. Auf unseren Hinweis, dass wir gerne würden, aber noch einen zu langen Transportweg vor uns haben, wechselt ihr Gefühl von Geschäftssinn zu Mitleid.
Wir kommen gut heim, machen noch ein bisschen Duolingo und gehen bald schlafen.
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