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Dienstag, 6. Juni 2023

La France avecque ... des boceaux Weck

Ein bekanntes Gesicht am Ufer der Loire


5. Juni 2023


Irgendwie fangen unsere Tage immer mit Frühstück an.


Heute sitzen wir am Zehnertisch im Frühstücksraum bei Julie. Ein deutsches Pärchen ist schon weg, das zweite zahlt gerade. Kurz nach uns kommen die drei Spanier aus dem OG und reden wesentlich zu schnell für unseren Ausbildungsstand.


Wir sprechen langsam mit Julie über ihre 120-ml-Weckgläser. Das damit verbundene Prinzip der Konservierung ist ihr gar nicht bekannt, sie findet bloß die Gläser schön und serviert den Gästen morgens Fromage blanc darin. Wir schicken ihr weitere Info, wenn wir wieder zu Hause sind.


Reisebekanntschaft


Aurélien kommt gerade noch rechtzeitig vom Einkaufen zurück, um uns bonne route zu wünschen, dann folgen wir dem schönen weiteren Weg auf der Basse Île entlang der Loire. Schon nach kurzer Zeit verläuft der Weg auf einer schmalen Landstraße, die ein ordentliches Tempo zulässt und uns direkt nach Montjean-sur-Loire führt. Das Hotel, in dem wir 2012 übernachteten, gibt es noch unter gleicher Leitung.


Bezüglich der schmalen Straßen gibt es hierzulande noch eine Besonderheit: Zum Zwecke der Verkehrsberuhigung werden viele Straßen durch zwei Beton- oder Pflastererhöhungen links und rechts auf eine schmale Spur mit alternierender Durchfahrt reduziert.


Der Radfahrer bekommt eine eigene Spur rechts der Betonerhöhung. Leider ist diese Spur so schmal, dass man auch ohne Taschen kaum durchkommt. Der ADFC wäre hellauf entsetzt! Wir haben in der Praxis festgestellt, dass man mit dem Rad auch gut und sicher durch die Mitte kommt.


Wir bleiben auf der linken Loireseite, kaufen in Saint-Florent-le-Vieil fürs Mittagessen ein und wechseln kurz vor eins bei Ancenis auf die andere Seite des Wassers. Gleich am linken Pfeiler der Brücke empfängt uns die AfF mit einem munteren „DES COVIDIOTES“. Wir setzen uns auf der anderen Seite auf eine warme, schattige Steinmauer und verputzen die Hälfte des Proviants.


Die alte Steinmauer war nicht nur für uns attraktiv


Zwei junge Menschen auf einer nahen Parkbank räumen nach dem Essen auf Großstadtniveau auf: den Müll in den Abfallkorb, die Flaschen für die Sammler daneben. Nur blöd, dass es in Frankreich gar kein Pfandsystem für irgendwas gibt.


Weiter geht es durch ständig wechselnde Abschnitte von Wald, Wiese, Wohnbereich. In Oudon (wo die dicken Nudeln gemacht werden) suchen wir vergeblich eine geöffnete Bar, bis Saint-Simon fahren wir über staubenden Kies entlang der D751 durch übel riechenden Gemüseanbau.


Bei Mauves-sur-Loire fahren wir das letzte Mal über den Fluss, kurz darauf fangen die Vororte von Nantes an. Und das ist wirklich kein Vergnügen. Am Rand des Weges leben Menschen in einer Art großer Kleingartenkolonie. Paradox, gell?


Links fließt die Loire, rechts sehen wir kleinere und größere Grundstücke, eingezäunt, meist mit stabilem Tor. Hinter den Hecken und Zäunen stehen Holzhäuser, Campmobile, Sitzgelegenheiten. Hier wird gegrillt, dort nur gesessen. Am Ende dieser Siedlung liegt auf der linken Seite ein beachtlicher Haufen an Hausrat, so sieht es in der Stadt aus, wenn jemand zwangsgeräumt wurde oder verstorben ist. Insgesamt ein unangenehmes Umfeld.


Leben in der Stadt


Die Stadt selbst präsentiert sich völlig anders. Hier ist Leben, hier ist eine intakte Centre ville. Hier sind Geschäfte, Restaurants usw. vom Feinsten. Genau da wollen wir auch hin. Denn in Nantes gibt es einen Laden der Firma Café Coton. In deren Geschäft in Bordeaux habe ich 2020 eine größere Zahl von Unterhosen zu einem sehr günstigen Stückpreis erworben. Und da wäre doch heute eine gute Gelegenheit für den Wiederholungstäter.


Den Laden finden wir relativ schnell, unterwegs können wir uns an dem überbordenden Gefühl von Stadt kaum sattsehen. Die Dame im Geschäft ist sehr freundlich, in der Sache aber knallhart. Die Preise, von denen ich erzähle, gibt's bei ihr nicht, hat sie auch noch nie gehört. Bei ihr kosten caleçon 30 Euro – die muss sie selber anziehen.


Vous ȇtes en Bretagne


Unser Hotel liegt direkt am Bahnhof, die Menschen, die dort arbeiten, sind sehr freundlich. Nach kurzer Pause bummeln wir ein bisschen ums Schloss, der Fou du Roi hat leider längst den Geschäftsbetrieb eingestellt.


Wo Anne de Bretagne zu Hause war


Am Ende landen wir in der elsässischen Systemgastronomie, wo der Riesling wie Pinot blanc schmeckt und das Flambieren auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss. Dafür ist nebenan großartige Apéritif-Stimmung und übers Essen wabert der Geruch von besserem Cannabis. Bhnhfsvrtl halt.


Unterwegs in die alte Hauptstadt der Bretagne