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Dienstag, 20. Juni 2023

La France avecque ... la reine et le roi du gravier

Ganz neue Perspektiven im Elsass


20. Juni 2023


Die Herrschaften schlafen lange. In der Nacht war's schwül, gegen eins hat es kurz geschüttet.


Frühstück gibt's beim Boulanger Schneider, wo wir auch zwei kleine Quiche für den Mittag mitnehmen. Während des Frühstücks schlägt uns Garmin auf Anfrage einige 60-Kilometer-Runden durch die Umgebung vor. Wir suchen eine aus und setzen uns nach dem Zähneputzen auf die Räder.


Erstmal geht es steil bergauf, dann auf einer Schotterpiste etwa drei Kilometer bis zur A35. Genau so haben wir uns die kleine Runde nicht vorgestellt! Aber ohne Gepäck und mit den Erfahrungen der letzten Wochen wird die Schotterpiste auf einmal wesentlich einfacher zu fahren als gedacht.


Schotter, Sand und Wiese – aber wir hatten es noch schlimmer in letzter Zeit


Irgendwann ist der Schotter am Ende, auf unbekannten und kaum befahrenen Straßen geht es durch Orte, die wir bisher nur von Verkehrsschildern kannten: Niederroedern, Hatten, Soultz-sous-Fôrets.


Einige der Städtchen sehen so aus, wie man sie überall sieht, andere entpuppen sich als Perlen elsässischen Stils. Viel Fachwerk, richtige Ortsmitten, ein bisschen wie die Realisierung einer emotional geprägten Fiktion von Elsass (vulgo: Märklin).


Nur eine von vielen schönen Passagen: Kuhlendorf


Spätestens ab Betschdorf wird es zu heiß. Eine Radtour bei über 30 Grad ab Mittag würden wir abbrechen bzw. gar nicht erst anfangen. Aber jetzt müssen wir halt zurück, und Garmin hat ein Einsehen. Er schickt uns auf schnurgeradem Asphalt durch den Betschdorfer Wald (Hammer-Reim).


Am Ende wieder etwas Schotterweg, aber dann geht es auf guter Piste bis nach Roppenheim. Hier biegen wir in nördliche Richtung ab, fahren durch das in umgekehrter Richtung kaum mehr interessant wirkende Delta der Sauer und bleiben der Einfachheit halber auf dem Rheindamm nach Mothern.


Das Delta de la Sauer, heute mal von der anderen Seite


Zurück im Hotel gehen wir ein bisschen in den Pool, essen die Quiches vom Boulanger und fallen wie tot ins Bett. Die Hitze macht das Fahren nicht nur weniger angenehm, sie kostet auch viel mehr Kraft und führt zu Konzentrationsschwäche. Das kam unterwegs immer mal wieder durch.


Wo alles vor 2.249 Kilometern begann


Gegen 17 Uhr sind wir tapfer auf dem Weg zum Einkaufen, von Carrefour schwer enttäuscht. Deshalb müssen wir, anders als geplant, nochmal nach Seltz, um einige Sachen in einem „richtigen“ Supermarkt zu kaufen.


Das gelingt, das Auto ist anschließend etwas kühler als zuvor. Und wir bereiten uns auf den Abend vor. Heute gibt's mindestens einmal Rinderfilet mit Pfifferlingen.


Ausfahren in vertrauter, unbekannter Umgebung

Montag, 19. Juni 2023

La France avecque ... le retour au début

Wenn es Nacht wird in Les Riceys


19. Juni 2023


Gestern Abend stellen wir fest: Unser Hotel hat die Karte an die neue Zeit angepasst. Und die Preise der Champagner ebenfalls. Da atmen wir erstmal tief durch und nehmen dann die billigste Flasche. Das Essen ist nach wie vor in Ordnung, wir schreiben hinterher noch ein paar Urlaubskarten und schauen vom Fenster aus dem aufziehenden Gewitter zu.


Heute morgen stellen wir fest: Es sind mal wieder nur Belgier im Haus, die ihr Frühstück verspeisen und sich dabei benehmen, als wären sie auf einer Firmenveranstaltung.


Wer so früh dran ist wie wir, kann schon um kurz vor neun bei Guy de Forez und um kurz nach neun bei Galimard einkaufen. Und so, wie der frühe Vogel den Wurm fängt, haben wir es geschafft, um kurz vor zehn das Haus zu verlassen und uns in Richtung Elsass aufzumachen. Vorher wünschen wir dem herzflimmernden Gastgeber noch eine gute Operation.


Das erste Mal halten wir in Langres, wo wir bei Intermarché für die Mittagspause einkaufen. Außerdem gibt es einen halben Langres und noch einen kleinen Langres für zu Hause. Die Käsetüte wird langsam voll. Das Baguette, die Tomaten und der Käse, die wir zu Mittag essen, sind sehr lecker, das könnte an der Nähe zum Erzeuger liegen.


Natürlich dauert alles immer länger, als man vorher dachte, und so sitzen wir zwar schön im Auto, sind am Ende aber doch erst um 16.15 Uhr in Mothern, wo wir gleich auf dem Parkplatz die Pautlers mit dem stämmigen Enkel treffen und noch ein bisschen schwätzen.


Abschied von einem treuen Begleiter


Dann bringen wir unsere Sachen aufs Zimmer und fahren mit den beiden Autos im Konvoi nach Straßburg, um den Leihwagen abzugeben. Das klappt sehr gut bis ins Parkhaus am Bahnhof. Das direkte Umfeld von Parkhaus und Bahnhof ist weniger erquicklich. In der sechsten Etage stehen junge Menschen diversen ethnischen Ursprungs, ziehen sich Joints rein und sind sicher auch mit dem Verkauf von Globoli vertraut.


Am Bahnhof um die Ecke bei Sixt, Avis-Budget und wie sie alle heißen, lagern neben und vor dem Büro übern Daumen 15 Menschen in vier oder fünf familiär wirkenden Gruppen. Da möchte man das Büro weder morgens auf- noch abends abschließen.


Zum Essen war der Hof fast vollständig gefüllt


Auf dem Rückweg fahren wir dann nach Roppenheim raus, wo wir bei Petit Bateau einen Gutschein für die jungen Pautlers kaufen, die auf unser Auto aufgepasst und unsere Reise damit sehr unterstützt haben. Der Junior hat es tatsächlich sogar durch die Waschstraße gefahren, bevor er es uns wieder auf den Parkplatz gestellt hat.


Dann gehen wir doch auch erstmal duschen.


Essen gibt's um kurz vor acht, zweimal das Fischmenü und einen Pinot blanc. Um kurz vor zehn geht's nach oben, morgen fahren wir uns hier noch ein bisschen die Reise aus den Beinen.


Und ein bisschen was einkaufen müssen wir ja auch ...


Endlich mal kein Wege- oder Wasserfoto

Sonntag, 18. Juni 2023

La France avecque ... la deuxième ceinture oubliée

Man kann in Frankreich nirgendwo sein, ohne Wein


18. Juni 2023


Das Frühstück heute früh ist das bisher teuerste, inhaltlich aber eher im Mittelfeld.


Wir packen wieder ein, was wir gestern ausgepackt hatten. Dann checken wir aus, was wir gestern eingecheckt hatten. Preislich liegen wir in höchsten Kategorien, aber die inhaltliche Komponente entsprach dem nicht.


Unsere nächste Station ist gerade mal 35 Minuten entfernt, gegen halb elf kommen wir an und machen erstmal unsere Räder fertig. Die haben zwar nur noch wenig Energie, wir dafür umso mehr. Außerdem ist unser Zimmer natürlich noch nicht bezugsfertig. Wir haben uns eine gut bekannte Tour rausgesucht, die wir hier gerne fahren, wenn nur ein halber Tag übrig ist: 35 Kilometer, fünf knackige Anstiege, 400 Höhenmeter. Das Gepäck lassen wir im Auto, eigentlich gibt es kein Halten mehr.


Die grünen Hügel der Champagne


Eigentlich. Aber der Schreibende hat es tatsächlich geschafft, auch den neuen Cardiogurt im Hotel zu vergessen. Anderer Gurt, anderes Hotel, gleiches Prinzip.


Ich darf trotzdem mitkommen.


Es tröpfelt leicht, aber die Straßen sind gut befahrbar, kaum Verkehr. Der Rest vom Strom hilft spürbar über die Steigungen, und abwärts bzw. auf den gerade Abschnitten kommen wir ohne das Gepäck mehr als nur gut voran. Am Ende brauchen wir zehn Minuten weniger als im letzten Jahr mit den Rennrädern.


Wenig Verkehr, viel Vergnügen


Unser Zimmer ist bereit, wir duschen, essen die vorhandenen Kleinigkeiten und legen uns erstmal hin. Draußen feiert inzwischen eine üppig dimensionierte Gruppe, wir erfahren später, dass es sich um die Taufe eines neuen Familienmitglieds handelte. Wohin man auch schaut, überall diese Clans.


Dann fahren wir zum gestrigen Hotel, um den Gurt einzusammeln. Unterwegs fällt mir ein, dass es nicht das gestrige, sondern das vorgestrige Hotel war. Da kommen wir heute nicht mehr hin, da drehen wir einfach um.


Die Gattin gratuliert und telefoniert noch ein bisschen interfamiliär (noch ein Clan?). Dann geht's zum Essen ins EG. Mal sehen, was uns Monsieur heute kredenzt, morgen geht er zum Kathedereingriff für ein paar Tage ins Krankenhaus.


Drücken wir ihm die Daumen, dass es bei ihm so gut ausgeht wie bei mir.


Kleine Spritztour, bevor die Perlen sprudeln

Samstag, 17. Juni 2023

La France avecque ... le petit coin de paradis du fromage

Bonjour tristesse


17. Juni 2023


Das Essen gestern Abend war so, wie man sich rationiertes und ein bisschen lang gekochtes Essen vorstellt.


Heute gibt's Frühstück. Es gibt guten Fromage blanc. Es gibt eingelegtes Obst. Leider wirkt auch morgens alles rationiert, es gibt von allem gerade mal so viel, wie unbedingt nötigDer wirtschaftliche Hintergrund dieses Hotels wird uns nicht recht klar, das war bei den Vorbesitzern anders.


Nach dem Packen fahren wir über Limeray auf die A10, die kennen wir noch gut von gestern. Die Ginsterbüsche links und rechts machen das Fahren zu einem Erlebnis. Noch besser wird es in diesem wunderbaren Super U bei Baule-sur-Loire, aus dem die Gattin vor zwei Wochen so begeistert herauskam, nachdem sie dort fürs Mittagessen eingekauft hatte. Mal gucken, ob er der Euphorie von damals heute noch gerecht wird.


So schön geht Autobahn in Frankreich


Wir kaufen wieder unser Mittagessen und dazu Ziegenkäse vom Feinsten. Besonders hilfreich ist eine sehr nette Verkäuferin, die sich wahrscheinlich fragt, warum wir Dödel solche Mengen von Ziegenkäse kaufen, könnten wir doch einfach zu Hause machen.


Danach wieder A10. Am Mauthäuschen würgt die Maschine das nächste Ticket hoch, und dann jagen wir wieder mit mehr als 100 Sachen über die Autobahn; diese Geschwindigkeiten sind ja kaum auszuhalten. Leider ist unsere Suche in Orléans nicht von Erfolg gekrönt. Wenigstens sehen wir die Kathedrale nochmal und stellen fest, dass rund um Jeanne d'Arc wohl immer eine Veranstaltung stattfindet.


1.700 Jahre christliche Geschichte


Nächster Halt (und Tagesziel) ist ein Hotel, in dem wir vor zehn Jahren ein paar Tage verbracht haben, als wir vom Burgund in die Champagne wechselten. Wir nehmen unser Zimmer in Beschlag (das gleiche wie seinerzeit), dann gehen wir in den Pool, das Spa spaen wir uns. Die Leute rund um den Pool sind schon grenzwertig genug.


Bis zum Abendessen machen wir Pause. Unten erwartet uns eine engagierte fünfköpfige Equipe und die Erkenntnis, dass noch immer alle Mitglieder der Familie im Geschäftsbetrieb mitarbeiten. Aneymon, die Tochter, scheint ihr Alkoholproblem überwunden zu haben. Und die Mutter wirkt nach ihrem Schlaganfall vollständig re-integriert. Das ist beachtlich, bei unserem ersten Besuch konnte sie kaum vorwärts laufen.


Das Essen ist gut, der Champagner unverschämt teuer. Da werden wir morgen Abend bei gleicher Qualität maximal die Hälfte berappen müssen.

Freitag, 16. Juni 2023

La France avecque ... l'hébergement de haute qualité (deuxième tentative)

Unser neuer Reisebegleiter


16. Juni 2023


Heute gibt's ein feines Frühstück unten im Hotel. Da ist alles so, wie man es sich das vorstellt und wie man es gerne zu Hause selber machen würde. Mit feiner Marmelade, mit leckerem Baguette, mit guten Croissants. Und dann auch noch in einem sehr schönen, liebevoll gestalteten Umfeld.


Nach dem Auschecken lassen wir uns von unserem Garmin durch Bordeaux leiten – bis zur Autoübergabe am Gare Bordeaux-Saint-Jean. Der junge Mann am Avis-Counter schaut unsere Räder an und meint, es wäre vielleicht günstiger, ein größeres Auto zu nehmen, und verkauft uns für 15 € Aufpreis pro Tag einen Astra mit Kombi hinten dran, der tatsächlich die Räder und das gesamte Gepäck sehr gut aufnimmt.


Platz für uns und all die Champagner- und sonstigen Kisten ist auch noch genug. Jetzt muss Frau Google wieder ran. Sie schickt uns auf der A10 in Richtung Tours, wo wir beginnen werden, unseren Frankreichaufenthalt in den einschlägigen Wein- und Käseregionen abzurunden.


Auf der nun folgenden Autobahn stellen wir fest, dass eine Geschwindigkeit von 120 km/h nicht ganz gesund ist. Außerdem weiß man überhaupt nicht, wo man sich bewegt. Im Gegenteil: Man kriegt von der Umgebung, in der man ist, überhaupt nichts mit. Irgendwo in der Ferne ist es grün und bis man zu Ende geguckt hat, ist man schon durch das Grüne durchgefahren. Es ist tatsächlich wie auf der Autobahn hier.


An einer passenden Raststätte essen wir ce que reste, dann geht es weiter nach Tours, wo wir – die Älteren werden sich erinnern – noch eine wichtige Verabredung haben: Der kleine Brustgurt möchte aus dem Bällebad abgeholt werden.


Um halb drei rufe ich im Hotel an, um mitzuteilen, dass ich den Termin um 15 Uhr nicht werde einhalten können, sondern erst um 16 Uhr ankommen werde. „Keine Sorge“, sagt der Mann am anderen Ende der Leitung. Um 16 Uhr steige ich aus dem Auto und gehe zum Hotel, die Gattin hält ein paar Meter weiter im Halteverbot ihrer Wahl.


Im Hotel sage ich der Rezeptionistin, warum ich gekommen bin. Sie schaut mich verständnislos an. Der herbeigerufene Kollege schaut ebenso ahnungslos, die Kollegin geht ganz weit weg – ich denke bei mir, sie holt den Gurt.


Ein weiterer Kollege lässt sich die Sache vortragen. Er greift zum Telefon, spricht niederländisch hinein und legt wieder auf. Wir stehen alle sprachlos beieinander. Vom Hilton Garden Inn auf der anderen Seite kommt ein dicklicher Kollege im leicht aufgeblähtem, teils aus der Hose hängendem weißen Hemd.


Er lässt sich den Sachverhalt erneut schildern, denkt nach und geht wieder zum Garden Inn. Alle anderen schweigen. Ich fange an zu schreien. Erstmal auf Deutsch, dann auf Französisch, dann auf Englisch. Mann, was bin ich polyglott aufgeregt.


Der Kollege vom Garden Inn kommt mit einem Laptop zurück. Er will unbedingt die E-Mail von Hilton sehen. Ich sage ihm die Referenznummer. Er versteht sie nicht und will die E-Mail sehen. Ich sage ihm die Referenznummer und was ich von ihm und Hilton halte. Meine Frau ruft an und sagt mir, was sie davon hält, seit einer Viertelstunde mit laufendem Motor im Halteverbot zu stehen. Er will die E-Mail sehen. Ich hab's satt und gehe.


Auf dem Weg zu unserem Hotel beginne ich einen Chat mit Sarah, meinem freundlichen personal assistant. Der Chat dauert bis zum Hotel und noch einige Zeit darüber hinaus. Am Ende bricht er ohne Ergebnis ab. First class service, if ever there was.


Wir bringen unsere Siebensachen aufs Zimmer, die Gattin hat das Gefühl, dass mit dem Hotel etwas anders ist bzw. nicht mehr stimmt. Wir duschen trotzdem, München ruft an. Enkel ist etwas neben der Spur, insgesamt gute Stimmung.


Gegen halb acht gehen wir zum Essen, es ist genau noch ein weiterer Tisch besetzt – mit unseren Zimmernachbarn. Der Crémant aus Vouvray ist ok, aber deutlich blasser als viele, die wir aus dem Nachbarort kennen. Eine Karte gibt es nicht, wir dürfen aus fünf oder sechs Hauptspeisen wählen. Vorspeisen gibt es nicht, weil die Hauptspeisen so groß sind.


In diesem Hotel ist alles anders und nichts stimmt mehr.


Die Hauptspeisen – Coquelet und Émincé de boeuf, jeweils mit Kartoffeln und Pilzen – sind für Erwachsene knapp bemessen. Wir hoffen, dass es Käse gibt. Glück gehabt! Und der Käse ist auch noch gut. Dessert gibt es auch, jede Kalorie zählt.


Jetzt noch zwei Espressi, dann schnell weg und ein bisschen Duolingo. Morgen wird alles besser.


Centre ville, mirroir, quai, gare

La France avecque ... les toqués

Wie zu erwarten: Es geht bergab


15. Juni 2023


Früh wach geworden, gleich aufgestanden, das kommt bei uns selten vor.


Wir frühstücken alles, was wir gestern bei Madame Lemoine erstanden und nicht gleich verspeist haben. Außerdem buchen wir unser Hotel in Bordeaux, denn Isabelle hat sich gleich um 7.30 Uhr mit einer positiven Nachricht gemeldet.


Ja, und dann sind wir um 8.50 Uhr zum Fährableger gefahren und haben dort unsere Tickets per Internet bestellt. Das wäre eigentlich nicht nötig gewesen, weil gar nicht so viele Leute mit an  Bord wollten. Wir packen ab, nehmen alles mit rein, und die Räder kommen mit sechs anderen zusammen aufs Dach der Fähre.


In 30 Minuten quer übers Bassin


Die Gattin kämpft mit Übelkeit, wir setzen uns hin, dann geht's raus auf See. Auf der anderen Seite wiederholt sich der Prozess. Was auf beiden Seiten ebenfalls gleich ist: Aus den Bänken entflohene Austern klammern sich an das Metall der Anleger-Konstruktion, das sieht aus wie eine Hautkrankheit.


In Arcachon angekommen, fällt uns auf, dass wir die 2012 gefahrene Strecke nur technisch umgedreht haben, was bedeutet, dass wir durch ganz viele Einbahnstraßen fahren müssen, um aus der Stadt zu kommen. Auf dem weiteren Weg ändern wir das kurzfristig und können auf einer relativ geraden Straße rausfahren.


Arcachon, von Cap Ferret Welten entfernt


Es geht durch kleine Dörfer und Orte, sie alle leben davon, dass es Menschen zu Urlaubszwecken an das Bassin de Arcachon zieht. In Biganos kaufen wir noch eine Anti-Mückenstich-Jucken-Creme in der Apotheke, dann stoßen wir endlich auf die D1250, die Route de Bordeaux


Irgendwann ist es 12.30 Uhr, der Hunger kommt. Wir haben vorher zwar schon Bananen gegessen, aber es ist auf jeden Fall besser, wenn wir vor Bordeaux noch was essen. Und wir haben uns ja auch gut vorbereitet.


Rastplätze an der Bundesstraße finden sich jedoch nicht so leicht, deshalb sitzen wir bei einem Kart- und Paintball-PlatzWährend ein Kart immer wieder röhrend seine Runden dreht, überlegen wir, dass man Kartfahren und Paintball sehr schön verbinden könnte. Variante 1: Die Paintballer sitzen in den Autoreifenstapel entlang der Kart-Strecke, sie kommen ab und zu hoch und versuchen den Kartfahrer zu treffen. Variante 2: Der Kartfahrer versucht, die sich auf der Strecke abschießenden Paintballer umzufahren. In jedem Fall interessant und man bräuchte ein viel kleineres Gelände.


Die Radreise ist zu Ende


Die weitere Strecke geht schnurgeradeaus, in Cestas gibt's hier noch den dringend erforderlichen Café crème. Die Mittagszeit ist zwar offiziell vorbei, aber die Chefin lässt uns noch kurz auf der Terrasse sitzen. Drinnen wie draußen läuft über Bluetooth-Lautsprecher eine Blues-Playlist, auf die die Dame richtig stolz ist. Und die Gattin fühlt sich trotz der schrecklichen Musik wie in einer Oase (was wiederum die Chefin freut).


Vor Bordeaux geht's noch durch Pessac, wo der Wein bis ins Stadtzentrum wächst. Unser Hotel ist das altbekannte – stadtnah, liebevoll saniert und bezahlbar. Wir installieren uns, waschen, was zu waschen ist, und machen uns gegen 18 Uhr auf den Weg durch eine tolle Großstadt. Los geht's mit den schmalen Straßen kreuz und quer durch unser Wohnviertel.


Beherbergung à la bordelaise


Bei C&A gibt's endlich das heiß ersehnte Erinnerungs-T-Shirt für die Gattin. Schwierig ist dabei die Verarbeitung der Tatsache, dass französische von deutschen Größen so weit entfernt sind, dass wer zu Hause M trägt, hier bequem XL tragen  kann. Passende Shorts hat der Franzose leider nicht im Angebot.


Nach dem T-Shirt ist vor der Oper


Etwas mehr als eine Stunde schieben wir uns mit all den anderen Menschen durch die verwinkelten Gassen und Straßen. Wer nicht (mehr) einkauft,  sitzt schon beim Apéritif. Wir  stehen irgendwann am Mirroir d'eau, der optisch leider von einem riesigen Kreuzfahrtschiff erschlagen wird. Und dann gehen auch wir was essen.


Um die Ecke unseres Hotels setzen wir uns beim Italiener auf die Straße. Der Kellner gibt sich zwar Mühe, aber am Ende wird's ein verunglückter Abend: Was wir zum Apéritif essen wollten, kommt zehn Minuten nach Ende des Apéritifs. Bruschetta mit Lauch und Speck in Käse-Sahne-Sauce ist zumindest irritierend. 


Hier fühlen sich nicht nur Italiener wie zu Hause


Der gewünschte Wein ist nicht da, stattdessen gibt's nur noch den, der auch auf den Nachbartischen steht. Und während wir noch auf unsere Hauptgerichte warten, wird an besagten Nachbartischen schon bezahlt, obwohl die Gäste erst nach uns kamen.


Ein Gutes hat der Italiener: einen Logen-Platz für das Treiben auf der Straße. In puncto Essen wären wir zwei Restaurants weiter vielleicht besser aufgehoben gewesen, wo der Kellner quasi minütlich vor den Gästen kniete.


Von den Austern zum Rotwein

Mittwoch, 14. Juni 2023

La France avecque ... un vieil homme et la mer

Der Atlantik vom Scheitelpunkt der Düne

14. Juni 2023


Gegen acht erwacht, je eine Tasse Kaffee und eine Banane, dann aufs Rad und nach Cap Ferret.


Die Boulangerie, die wir eigentlich besuchen wollen, hat leider zu, aber auf dem Platz vor der Markthalle ist Markt, was uns überhaupt erst auf die Markthalle aufmerksam macht. Drinnen kaufen wir Käse, Tomaten und Baguettes sowie Croissants und Chocolatines für den Kaffee am Nachmittag.


Gegenüber der Markthalle verkauft Madame Lemoine ihre Canelés. Außerdem alles, was das Herz sonst noch an Süßem begehren könnte. Und Café gibt's auch. Wir stellen uns an, wir setzen uns hin, die Gattin startet laaaangsam in den Tag.


Dann kurz bei Casino alles eintüten, was noch fehlt, den Strandzugang prüfen und retour ins dunkle Holzloch. Umziehen, Strandtasche packen, nächste Runde. Der Scheitelpunkt des Wassers kommt gegen 14 Uhr, aktuell sind noch nicht viele Leute am Strand.


Das Meer ist wohl ein bisschen spät dran, denn es drängt mit Macht und ordentlich Wellengang an den Strand. Der alte Mann stürzt sich hinein, die Gattin belässt es bei Höhe der Knöchel. Das Meer spielt mit dem alten Mann, er geht erstmal wieder raus, atmet durch und rennt wieder rein.


Diesmal klappt es besser. Die ersten zwei, drei hohen Wellen sind untertaucht, die Stelle hinter dem letzten Kamm ist eigentlich ideal, aber das Wasser hat jetzt keine Zeit für alte Männer. Es muss ans Land, er muss mit. So wird der alte Mann etwa 50 bis 100 Meter südlich wieder an den Strand gespült und immer, wenn er aufstehen will, zieht das Wasser ihm den Boden unter den Füßen weg.


Da bleibt er erstmal auf den Knien und atmet tief durch. Die Gattin ist den Strand entlang gegangen, reicht ihm die Hand und richtet ihn auf. Der Seenotretter ist auch schon da. Sie einigen sich darauf, dass er ein tapferes Kerlchen ist und auch ohne sie überlebt hätte.


Noch ein bisschen am Strand laufen – immer mehr Leute, vor allem Surfer kommen –, dann wieder aufs Rad und zurück ins dunkle Holzloch. Duschen, Mittagessen, Mittagsruhe. Um 17 Uhr stehen wir wieder auf, buchen für den Rückweg ein Hotel an der Loire und suchen eins für morgen in Bordeaux. Dann wird gepackt und ans Abendessen gedacht.


Suze, was man hier als Apéritif serviert


Was gestern gut war, wird auch heute nicht schlecht sein. Also fahren wir nochmal ins L'escale an den Anleger der Fähre. Essen und Wein sind wieder gut, das Meer ist heute höher als gestern. Und am Nachbartisch sitzt Frankreichs Antwort auf Wolfgang Grupp, nur ohne Affen. Schön anzusehen, aber schwer übergriffig ist das intensive Schopf-Kraulen, mit dem eine der anwesenden Damen ihre Nachbarin im Stuhle beglückt.


Sowas erlebt man sonst nur im Zoo. Auf jeden Fall nur auswärts.


Zum Frühstück ans Cap