Seiten

Mittwoch, 14. Juni 2023

La France avecque ... un vieil homme et la mer

Der Atlantik vom Scheitelpunkt der Düne

14. Juni 2023


Gegen acht erwacht, je eine Tasse Kaffee und eine Banane, dann aufs Rad und nach Cap Ferret.


Die Boulangerie, die wir eigentlich besuchen wollen, hat leider zu, aber auf dem Platz vor der Markthalle ist Markt, was uns überhaupt erst auf die Markthalle aufmerksam macht. Drinnen kaufen wir Käse, Tomaten und Baguettes sowie Croissants und Chocolatines für den Kaffee am Nachmittag.


Gegenüber der Markthalle verkauft Madame Lemoine ihre Canelés. Außerdem alles, was das Herz sonst noch an Süßem begehren könnte. Und Café gibt's auch. Wir stellen uns an, wir setzen uns hin, die Gattin startet laaaangsam in den Tag.


Dann kurz bei Casino alles eintüten, was noch fehlt, den Strandzugang prüfen und retour ins dunkle Holzloch. Umziehen, Strandtasche packen, nächste Runde. Der Scheitelpunkt des Wassers kommt gegen 14 Uhr, aktuell sind noch nicht viele Leute am Strand.


Das Meer ist wohl ein bisschen spät dran, denn es drängt mit Macht und ordentlich Wellengang an den Strand. Der alte Mann stürzt sich hinein, die Gattin belässt es bei Höhe der Knöchel. Das Meer spielt mit dem alten Mann, er geht erstmal wieder raus, atmet durch und rennt wieder rein.


Diesmal klappt es besser. Die ersten zwei, drei hohen Wellen sind untertaucht, die Stelle hinter dem letzten Kamm ist eigentlich ideal, aber das Wasser hat jetzt keine Zeit für alte Männer. Es muss ans Land, er muss mit. So wird der alte Mann etwa 50 bis 100 Meter südlich wieder an den Strand gespült und immer, wenn er aufstehen will, zieht das Wasser ihm den Boden unter den Füßen weg.


Da bleibt er erstmal auf den Knien und atmet tief durch. Die Gattin ist den Strand entlang gegangen, reicht ihm die Hand und richtet ihn auf. Der Seenotretter ist auch schon da. Sie einigen sich darauf, dass er ein tapferes Kerlchen ist und auch ohne sie überlebt hätte.


Noch ein bisschen am Strand laufen – immer mehr Leute, vor allem Surfer kommen –, dann wieder aufs Rad und zurück ins dunkle Holzloch. Duschen, Mittagessen, Mittagsruhe. Um 17 Uhr stehen wir wieder auf, buchen für den Rückweg ein Hotel an der Loire und suchen eins für morgen in Bordeaux. Dann wird gepackt und ans Abendessen gedacht.


Suze, was man hier als Apéritif serviert


Was gestern gut war, wird auch heute nicht schlecht sein. Also fahren wir nochmal ins L'escale an den Anleger der Fähre. Essen und Wein sind wieder gut, das Meer ist heute höher als gestern. Und am Nachbartisch sitzt Frankreichs Antwort auf Wolfgang Grupp, nur ohne Affen. Schön anzusehen, aber schwer übergriffig ist das intensive Schopf-Kraulen, mit dem eine der anwesenden Damen ihre Nachbarin im Stuhle beglückt.


Sowas erlebt man sonst nur im Zoo. Auf jeden Fall nur auswärts.


Zum Frühstück ans Cap

La France avecque ... les mauvais cȏtés de la cȏte

Day in


13. Juni 2023


Heute frühstücken wir unten im Restaurant, d.h. mit Croissants und Chocolatines von Casino, wo wir eigentlich mehr kaufen wollen, aber das Angebot ist derart schlecht, dass wir es lieber lassen. Die Chefin des Restaurants macht uns den versprochenen Café, wir schwätzen noch ein bisschen und packen anschließend unsere Siebensachen.


Unten machen wir erstens unsere Räder sauber und sparen zweitens Sonnenschutzmittel, weil wir sofort die Regenjacken anziehen können und nichts gegen die Sonne tun müssen. Ein Mann aus GT fährt im Camper mit seiner Frau nach Hause. Er ist irgendwie vom Fach, denn er kann fehlerfrei Ritzelpaket asussprechen und identifiziert die Räder gleich als „mit kleinem Motor.“


Vom Campingplatz geht's wieder auf unseren Waldweg, wir fahren entlang militärischem Sperrgebiet, wo Frankreich Raketen zu Testzwecken startet (heute nicht, heute sind sie anderweitig beschäftigt). Anschließend fahren wir weiter durch Wald, Wald, Wald geradeaus, geradeaus, geradeaus. Dabei geht es so viel rauf und runter, dass wir uns wundern, wie wir das 2012 überhaupt geschafft haben.


Am Ende kommen heute an der vermeintlich flachen Küste die drittmeisten Höhenmeter dieser Reise zusammen. Und die Wegstrecke hat sich inzwischen auf mehr als 2.000 Kilometer summiert.


Wir pilgern Richtung Süden 


Kurz vor Maubuisson kommen wir z.B. durch eine, wie wir später erfahren, private Ferienanlage, die sehr zurückhaltend in den Wald gebaut wurde. Das sieht super aus, schön viel Platz zwischen den Häusern, und man kann sich einmieten. Bestimmt auch schön teuer. Vor allem aber: so sehr rauf und runter, dass man diskutieren kann, wer mehr Hilfe braucht – wir von den Rädern oder die Räder von uns.


Nach dem Wald kommt Lacanau-Plage. Da fahren wir mal hin, da kann man bestimmt was einkaufen. Vor dem örtlichen Super U liegt ein schwarzer Hund, kurz darauf kommt ein alter Hippie im Gandalf-Kaftan raus, natürlich ist es sein Hund. Die Gattin geht einkaufen.


Während wir an der Promenade von Lacanau-Plage unser Mittagessen verspeisen, kommt Lucille mit ihren Eltern vorbei, alle drei etwas asiatisch angehaucht. Lucille hat ein neues Wort gelernt: attention, und es gefällt ihr so gut, dass sie es ständig herausschreit und ihr Leben lang nicht mehr vergessen wird.


Paradies für Surfer mit Plätzchen für Mittagesser


Um halb zwei Uhr fahren wir weiter. Etwas mehr als die Hälfte haben wir noch vor uns.


Die zweite Hälfte ähnelt der ersten wie Emil Erich. Es geht rauf und runter durch die Säulenhallen der Pinienwälder. Wir gehen davon aus, dass sich Gaudi von einem solchen Wald für seine Säulenhalle im Parc Güell hat inspirieren lassen.


Wir rauschen weiter durchs Gehölz, werden zwischendurch von einem deutschen Rennradfahrer überholt, der kurz darauf stehen bleibt und umdreht, weil ihm auffällt, dass er falsch abgebogen ist. Er hat gemerkt, was wir nicht gemerkt haben. Wir fahren weiter auf einem falschen Weg, der uns weg von der Küste, hin zu einem der vielen hiesigen Campingplätze führt. Hier kriegen wir endlich den ersehnten Café, bleiben aber nicht lange, denn es ist spät und schwarze Wolken ziehen auf.


An der letzten Abbiegung vor dem Ort spricht uns eine orangefarbene Notrufsäule an und klärt uns über das gewünschte und unerwünschte Verhalten im Wald auf.


Verheißungsvolle Zeichen bei Kilometer 70


Irgendwann sind es nur noch ein paar Kilometer bis Cap Ferret, irgendwann sind wir da ... und maßlos enttäuscht. Schon wieder eine Bruchbude für viel Geld, leider haben wir sie für zwei Tage gebucht und bereits bezahlt. Da wollen wir nicht nochmal eine Alternative zubuchen, manchmal muss man auch zu seinen Fehlern stehen.


Wir breiten uns im Apartment aus, strömen die Räder und stellen eine innere Mängelliste auf: sieht nicht gut aus (holzvertäfelte Wände und Decken, billige Einrichtung), ist schlecht ausgestattet (kein Geschirrhandtuch, keine Badematte, keine kleinen Handtücher, kein Wohlfühlen), die ganze Anlage ist leer (da wussten andere wieder mehr als wir).


Zarte Gräser am Rand unseres Weges


Also waschen wir erst die Trikots usw. und dann uns selbst. Nachdem alle sauber sind und besser riechen als vorher, suchen wir uns ein Restaurant fürs Abendessen aus, wie sich herausstellt, treffen wir wenigstens dabei eine gute Wahl.

Day out


Parallel kommt noch eine falsche Telefonrechnung, die ich per Chat reklamieren kann. Der junge Mann versucht zwar, den Fehler in meine Schuhe zu schieben (WLAN-Calls innerhalb Frankreichs werden als Anrufe aus Deutschland gewertet und berechnet), nachdem ich ihm erkläre, was ich davon halte, schreibt er mir den Betrag für die nächste Rechnung gut.


Und dann steigen wir auf unsere frisch geladenen (!), unbepackten (!!) Räder und brettern mit voller Leistung die Anstiege in Richtung Cap Ferret hoch. Normal ist das nicht.


Day out, second helping

Unser Restaurant liegt direkt am Ableger nach Arcachon. Es ist groß, die Terrasse ist rappelvoll, die Truppe gibt sich Mühe mit ihren Gästen. Wir essen und trinken gut, fahren mit eingangs beschriebener Kraft zurück und legen uns notgedrungen nieder.


Morgen sehen wir weiter.


Am Ende kurz nicht aufgepasst, macht zehn Kilometer Mehraufwand