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Mittwoch, 17. Mai 2023

La France avecque ... la capitale de la choucroute

Der Beweis: Die Gattin ist wieder auf dem Damm

17. Mai 2023
 

Die Gattin hat alles gut vertragen, wir essen das mitgebrachte Frühstück, machen uns radfein und sind um kurz nach neun reisefertig. Die Räder hatten wir gestern Abend schon zusammengebaut, jetzt müssen wir nur noch die Zimmer- und den Autoschlüssel in den Briefkasten werfen, dann geht's hinauf auf den Rheindamm.


Erstes highlight des Tages: le delta de la Sauer bei Munchhausen. Gleich rechts hinter der Brücke quakt es hundertfach aus einer überfluteten Wiese, wenige Meter weiter schreiten sechs Störche entspannt durchs Gras. Wir sehen einen gewissen Zusammenhang zwischen beiden Populationen.


Seit über zehn Jahren praktisch unverändert, le delta de la Sauer


Bei Seltz versucht der Franzose, uns nach rechts auf die Durchgangsstraße nach Beinheim, Roppenheim usw. umzuleiten. Das machen wir aber nicht mit, sondern biegen lieber links ab und fahren am Rhein entlang bis Drusenheim. Dort fahren zwar auch ein paar Autos, aber mit dem Verkehr durch die Orte ist das nicht zu vergleichen.


Ab Drusenheim müssen wir durch die Orte. Inzwischen wurden zwar immer mehr Radwege ausgewiesen, aber dadurch werden die Straßen keinen Zentimeter breiter. Der Radweg ist teilweise schmal wie ein Handtuch, und den Autofahrern sind die weißen Linien und grünen Flächen sowieso weitgehend egal.


Hinter La Wantzenau biegen wir links ab in den Strasbourger Stadtwald, den wir ohne sonstige Verkehrsteilnehmer passieren. Der Einfachheit halber haben wir den Motor auf Stufe 1 zugeschaltet. Kurz nach Verlassen des Waldes erreichen wir Strasbourg, wo wir am Bassin des Remparts den mitgebrachten Proviant verdrücken.


Neubauten am Bassin Vauban


Damit sind knapp 70 Kilometer quasi stromfrei absolviert, den Rest fahren wir auf Stufe 3 Moped. Anfangs fahren wir auf bekanntem Weg in Richtung Stadtzentrum, aber am Montagne verte geht es geradeaus statt links. Der Weg ist unbekannt  und führt durch schönere und weniger schöne Viertel der Stadt in Richtung südwest.


Unser Moped ist so schnell, dass wir teilweise das Abbiegen verpassen.


Nein, Kapsweyer liefert nicht das Fleisch zum Choucroute royal


Auf Wirtschaftswegen und Radwegen neben der Schnellstraße geht es durch Lingolsheim und Blaesheim, wo wir an einer viel versprechenden neuen Adresse vorbeikommen. Das werden wir demnächst mal ausprobieren. Und weiter geht es nach Krautergersheim, wo auch in diesem Herbst wieder das traditionelle Erntedankfest fürs Kraut gefeiert wird.


Noch ein paar Kurbelumdrehungen weiter erreichen wir unser heutiges Ziel. Um 16 Uhr sind die Räder am Strom und wir im Zimmer. Die Stimmung ist so entspannt wie wir, jetzt gehen wir erstmal zum Abendessen.


Elsass vom Feinsten, mitten im Ort


Nachtrag: Im Restaurant sind wir nicht allein. Die ersten Tische sind bereits besetzt, die weiteren füllen sich nach und nach. Allen Gästen wohnt dieses sanfte Glühen in den Augen inne – sie freuen sich aufs Essen.


Gegen acht kommt Rémy. Er hat seine Eltern mitrgebracht, damit sie auch mal einen schönen Abend haben. Rémy ist etwa zweieinhalb, seine Mutter zieht ihm die Michelin-Männchen-Jacke aus, er sagt bonsoir. Dann steigt er behende auf den Kinderstuhl und widmet sich den mitgebrachten Büchern. Wir fühlen uns mehr als 30 Jahren jünger.


Die Mutter isst einen üppigen Burger, der Vater hat auch irgendwas mit Fleisch vor sich, und Rémy kriegt Kinder-Essen: Hühnerschnipsel in weißer Soße mit Spätzle. Er hält die Gabel hochkonzentriert in der rechten Hand und isst Fleisch und Beilagen routiniert mit den Fingern der linken. Die Eltern reden miteinander, Rémy kümmert sich um seine Angelegenheiten.


Kurz nach neun sind alle fertig, jetzt hat er keine Lust mehr. Der Vater spricht mit ihm, die Mutter spricht mit ihm. Der Vater nimmt ihn auf den Schoß, die Mutter nimmt ihn auf den Schoß. Rémy macht das alles mit, aber er will jetzt gehen. Er fühlt sich unverstanden und macht das langsam auch deutlich.


Der Vater zahlt, die Mutter zieht ihm die Michelin-Männchen-Jacke wieder an, das Terzett verabschiedet sich. Außer uns hat wahrscheinlich niermand im Restaurant nennenswert Notiz von ihnen genommen ... ein schöner Abend.


Achja: Gegessen haben wir natürlich auch. Einerseits Salat mit Räucherlachs gefolgt von Hähnchenroulade gefüllt mit Spinat und geräuchertem Schinken und handgeschabten Spätzle, andererseits überbackenes Sot-l'y-laisse und dann die Speise zur Region: Choucroute royale. Zum Dessert gab's Erdbeeren mit Schlagsahne bzw. Café gourmand. War recht üppig, aber super.


Viel zu sehen, viel Abwechslung, wenig Anstrengung