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Sonntag, 5. Juni 2022

Deutschland ohne e – coming home

In Dessau ist auch der Mietwagen ein Erlebnis


Irgendwann heißt es Abschied nehmen. Wir machen das heute, denn an Pfingsten wird überall wieder der Teufel los sein.


Beim Frühstück unterhält sich ein älteres Ehepaar (nein, nicht wir) mit der Kellnerin: „Woher kommen Sie denn?“ „Aus Armenien.“ „Da waren wir noch nicht.“


Wir packen schön zusammen, lassen alle Taschen im Zimmer und machen uns auf zur Autovermietung, die im gleichen Immobilienkomplex residiert wie unser Hotel. Die Station ist samstags ab acht Uhr geöffnet, an der Tür hängt eine Telefonnummer, über die man den Mitarbeiter erreichen kann. Bevor wir uns aufregen können, erscheint drinnen ein Mensch, der uns öffnet und dann das Schild umdreht.


„Haben Sie reserviert? Ich kann nichts machen. Der Kollege, der sonst hier ist, hat mich heute Nacht angerufen, er hat eine Lebensmittelvergiftung. Natürlich bekommen Sie Ihr Auto, aber das System ist offline, ich muss das alles per Telefon machen. Und das Auto ist nicht sauber.“


Mit uns kam ein junger Mann, der einen bestimmten Audi reserviert hat. Später kommt ein weiterer Mann, der reserviert hat, und zwischendurch noch ein vierter Kunde (mit Frau und Dackel im Auto), der vergebens nach einem Transporter fragt.


Der Sixt-Mann muss zwischendurch nach den Autos sehen, alle müssen in der Passage warten. Da rollt die Nachbarin an. Eine füllige Spätdreißigerin im objektiv etwas zu engen, schwarzen Einteiler, die missmutig ein Display durch den Gang auf den angrenzenden Fußweg zieht: Erotisch shoppen – ORION.


Auch das große Haus schräg gegenüber passt gut in unser Stadt-Bild: neu erbaut und überall dort, wo ursprünglich mal Austritte oder Balkone geplant waren, mit Spanplatten vernagelt, weil dem Bauherrn das Geld ausgegangen war.


Gegen halb elf gibt's dann tatsächlich ein Auto für uns. Innen wie aussen stark verschmutzt, aber wer einen Fluchthelfer aus der DDR braucht, darf keine großen Ansprüche stellen.


Auf dem Weg zur Autobahn noch ein sehr versöhnlicher Abschluss der Tour: Beim Bäcker im EDEKA Pollmer gibt's Mohnzopf, Mohnstreusel UND Eierschecke. Wie sagt die Verkäuferin: „Pfingsten ist gerettet!“


Die Autobahn ist auf den folgenden 350 Kilometern weitgehend leer, zumindest in unserer Richtung. Auf der Gegenseite stehen die Ostseeurlaubsanwärter in sehr langen Schlangen. Die gekauften Backwaren erweisen sich alle als sehr gut.


Wir sind gegen halb vier zurück, räumen das Auto aus, machen uns frisch und stellen den Opel um halb sieben in Würzburg am Hauptbahnhof ab. Von dort fahren wir nach Iphofen, wo es Spargelsalat und Wallerfilet bzw. Spargelcrèmesuppe und Kalbsrückensteak – natürlich – mit Spargel gibt.


Hier gibt's demnächst unser Fazit zu knapp 2.000 Kilometern in Nord- und Ostdeutschland.


Zum guten Schluss noch ein bisschen draußen essen in Iphofen – all's well that eats well