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Samstag, 13. August 2011

07.08. 17ème étape: Gramat–Cahors (60,01 km, 2:59:21) (Prudence – voies retrecies)

„Dass ich solch eine Strecke noch einmal erleben durfte!“

Monsieur persönlich serviert das Frühstück, üppige Viennoiserie, hauseigene Marmeladen, guter Joghurt. Wir packen trotzdem unsere Siebensachen, fahren zwecks Einkauf zu Casino contact und machen uns anschließend auf der D807 in Richtung Saint-Géry.

Anfangs geht es schön rauf und runter mit teilweise langen Abfahrten, auf denen wir über 60 km/h fahren können. Gut, dass wir ausgeschlafen sind.

Hinterm Tor lugt Frankreich hervor

Die Erde ist eine Scheibe

Nach etwa 22 Kilometern erreichen wir Labastide-Murat, wo der sonntägliche Markt für Jubel, Trubel, Heiterkeit und hohes Verkehrsaufkommen sorgt. Nebenbei wird auch noch Vieh verkauft, was der Vielfalt der Geräusche ausgesprochen zuträglich ist. Wir setzen uns mitten rein, gönnen uns einen Riegel und fahren irgendwann doch auf der D32 weiter in Richtung Süden.

Ganz ohne Trubel: Mittagszeit in Labastide-Murat


Was folgt, ist die bislang tollste Abfahrt unserer Tour: rund 24 Kilometer runter, weiter runter und anschließend abwärts, Mo kann es kaum fassen. Bei Saint-Sauveur-la-Vallée fahren wir ins Tal des Vers ein, eine Frau schüttelt am Fenster die Betten und freut sich sichtlich, dass ich ihr im Vorübersausen einen guten Tag wünsche.

Langsam wird's wieder Zeit für weitere Nahrungsaufnahme, so dass wir uns einen schönen Platz suchen und in Form einer Wiese auch tatsächlich schon bald finden. Eine Stunde lang vertreiben wir uns die Zeit mit sitzen, essen, gucken und freuen.

Mittags im schönsten Tal

Der kommt kaum über die Grenzen der Region hinaus

Das Schönste: Wir müssen nicht hinauf
Kurz hinter Fontaine Polemie erreichen wir die D663, auf der wir nach rechts unseren Weg bis Vers fortsetzen. Hier fließt der gleichnamige Fluss in den Lot.

Ein Ort, der heißt wie ein Fluss, der heißt wie ein Ort

Der Lot auf dem Weg in die Garonne

Nearer my God to thee

Von Vers sind es noch knapp 15 Kilometer nach Cahors, dem Ziel unserer heutigen Etappe. Die Strecke ist weiterhin très agréable: rechts die schroffen Felsen, links der träge plätschernde Lot, der sich mal mehr, mal weniger von uns entfernt.

Kurz vor Laroque-des-Arts überholt uns mit hoher Geschwindigkeit ein Wohnwagengespann; vorne ein weißer Van, dahinter ein gleichfarbiger Wohnwagen mit dem Aufdruck „Challenger“. Ich denke noch, „der hat's aber eilig, auf den Campingplatz zu kommen“, da donnert schon das nächste Gespann in ähnlicher Konstellation vorbei. Unterbrochen von einigen Pkw rast Lützows wilde, verwegene Jagd anschließend mit mindestens 30 Fahrzeugkombinationen immer schneller und immer enger an uns vorbei.

Ich schimpfe wie ein Rohrspatz und als wir die Truppe am nächsten Campingplatz einholen (so schnell geht es nicht mit dem Einchecken), mache ich aus meinem Herzen ebenfalls keine Mördergrube, sondern erläutere den Herrschaften en passant und mit allen Feinheiten meiner Muttersprache, was genau ich von ihnen und ihrer Fahrweise halte.

Wenig später kommt die Kolonne erneut vorbei. Noch schneller, noch enger und diesmal unter teils wildem Hupen. Ich schließe daraus, dass die Truppe  a) auf dem Campingplatz nicht genug Platz gefunden hat und die Fahrer mich  b) sehr gut verstanden haben. Mo ist sicher längst an die Seite gefahren, ich spiele noch ein bisschen mit meinem Leben und stelle mich irgendwann auch auf den Grünstreifen.

Hier habe ich Zeit und Muße, mir die Rasenden näher anzuschauen, und stelle fest, dass es sich wohl um den Umzug eines Zigeuner-Clans handelt. Erst Papa mit dem Wohnwagen, dann Mama im Pkw mit den Kindern. Da haben die Aktionen des kleinen Nick im letzten Jahr wohl doch nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Mo kommt etwas später und ärgert sich, dass ich weiter gefahren bin und mich auf diesen Blödsinn eingelassen habe. Was soll ich sagen?

Wir fahren weiter nach Cahors, zum Schluss einen guten Kilometer hinauf nach Centre ville, wo wir feststellen, dass die Innenstadt nicht das historische Zentrum der Stadt ist. Also fahren wir auf einer anderen Straße wieder runter.

Franzosen „können“ Plätze, Ausnahmen bestätigen die Regel

Idyllische Lage an der ehemaligen Schleuse

Das Office de Tourisme empfiehlt uns ein Hotel auf der anderen Seite des Lot, es sei frisch renoviert. Wir buchen unser Zimmer, fahren die kurze Strecke und kommen ein bisschen zur Ruhe. Während Mo das Zimmer aussucht, spreche ich mit einer Frau aus Lyon, die an einer Familienfeier im Restaurant teilnimmt. 58 Menschen aus ganz Frankreich feiern Noce d'or mit dem hörbar glücklichen Ehepaar. So macht ein Familienfest auch Menschen Spaß, die gar nicht zur Familie gehören.

Und zum Abendessen geht's wieder zurück in die Stadt

Abendessen ist schwierig, denn sonntags haben auch in Cahors viele Restaurants geschlossen. Wir suchen lange vergeblich und landen schließlich in einer Brasserie an der Hauptstraße, die ganz stolz darauf ist, dass sie das ganze Menu auf einem Teller servieren kann: ein paar Salatblätter, einen Hauptgang und ein Stück Käse. Wir haben Hunger, der Kellner ist flott und fröhlich, alles wird gut.

Montag, 8. August 2011

08.08. Interlude: Guten Morgen, Eva.

Wir sind tatsächlich im Süden angekommen und brechen in Kürze in Cahors auf. Allerdings fahren wir erstmal Richtung Osten und von irgendwo südwärts nach Albi. Wenn alles gut läuft, sind wir wohl schon am Donnerstag in Toulouse.

Passt euch das? Oder ist es zu früh?

Zwei Bitten haben wir noch: Wir würden gern 1x eure Waschmaschine benutzen. Wir würden unsere Räder gern bei einem guten Mechaniker auf Verschleißteile überprüfen lassen (Züge, Bremsgummis, Kette usw.) – kennt ihr evtl einen? Oder einen, der einen kennt?

Liebe Grüße
momi

06.08. 16ème étape: Argentat–Gramat (60,94 km, 2:59:21) (Sentier d'interprétation)

C'est l'été, Monsieur.

Der Abschied aus Argentat fällt durchaus schwer. Wir waren bestens untergebracht und hätten gern noch einen Abend bei Monsieur gespeist. Aber wo kein Platz ist, ist kein Platz.

Also plündern wir erstmal die ALDI-Regale und machen uns dann auf, dem Regen davon zu fahren. Auf dem Weg nach Beaulieu-sur-Dordogne klappt das ausgezeichnet, die 24 Kilometer vergehen wie im Fluge, ab und zu ein paar Tröpfchen, mehr kommt nicht von oben. Zwischendurch ist Brivesac en fête, da machen wir etwas langsamer.

Beaulieu ist ein schöner Ort mit vielen Touristen und dementsprechend viel Trubel, außerdem ist Samstag, was ebenfalls nicht zur Beruhigung beiträgt. Ich schlage vor, das Glück nicht weiter auszuloten, sondern hier Station zu machen, um dem Regen auszuweichen (in Argentat wären wir ja auch geblieben). Das gewünschte Hotel ist leider complet. also fahren wir doch weiter in Richtung Saint-Céré.

Um dort hinzukommen, müssen wir durch Bretenoux, wo sich heute alle treffen, die ein funktionsfähiges Transportmittel ihr eigen nennen. Wir gehören eindeutig dazu und schlängeln uns notgedrungen durch Straßen, über Bürgersteige, über Kreisel usw. Nächsten Samstag müssen sie dann wieder ohne uns auskommen.

Viel Regen im Land, wenig Wasser im Kanal

Das Mittagessen verlegen wir an den Kanal in Saint-Céré. Die Hauptattraktion sind zwei Schwäne, die ein paar Meter entfernt ihre Mittagstoilette vollziehen und dabei immer wieder Federn lassen, die wie kleine Schiffe mit der Strömung weiter ziehen. Das erinnert uns daran, dass auch wir irgendwie weitermachen wollen.

Per Logis-Katalog machen wir uns auf die Suche in der Umgebung. Die erste Wahl ist bereits ausgebucht, das liegt am Sommer, der zweite Anruf bringt mehr Erfolg. Den Weg dorthin haben wir uns jedoch anders vorgestellt: Die ersten drei Kilometer rollen wir munter am Kanal, dann kommt der Kreisel und die Schilder weisen mal wieder aufwärts; fünf Kilometer Serpentinen, 13 Kilometer Hügellandschaft.

Hier wollten wohl nicht viele bergauf

Unten wäre es bestimmt ebenso schön gewesen

Nur noch elf Kilometer

Saint-Céré in weiter Ferne

Irgendwie meistern wir auch diesen Aufstieg und fahren mitten in die örtliche Duld. Das Lion d’Or liegt direkt daneben, auf der Terrasse einige Gäste, der Patron begrüßt uns freudig. Er wirkt wie Gargantua und entpuppt sich als großer Rugby-Fan. Nachdem wir uns eingerichtet haben, gehen wir runter, kurz darauf bricht draußen der lange erwartete Regen nieder und füllt die Fahrgeschäfte der Schausteller. Einer trägt's mit besonderem Humor, er spielt die passende Musik.

In der Höhle des Löwen

Leider ist im Hotel nicht alles so, wie es sein sollte. Das WiFi funktioniert nicht, die Tür von Bad und Klo lässt sich nicht schließen, von der Restaurant-Decke blättert die Farbe ab und zum feinen Wein-Menu werden angestoßene Teller und billige Gläser auf den Tisch gestellt – das Verhältnis von Preis und Leistung stimmt hinten und vorne nicht.

Martine, die Kellnerin im ärmellosen schwarzen Zelt, steht dem Chef in Sachen Leibesfülle in nichts nach, die ukrainische Praktikantin trägt die Speisen auf einem Silbertablett, Martine platziert die Teller auf dem Tisch, annonciert die Gerichte und klemmt sich dann die Serviette wieder unter die Achsel. Dem Zuspruch der Gäste tut das übrigens keinen Abbruch. Während unserer Zeit im Restaurant zählen wir 32 besetzte Plätze.

La langue d'Oc

Der Rummel vor der Tür inspiriert uns zum Bummel durch die Gassen. Am überdachten Markt feiern die Gramatiens den baskischen Abend des lokalen Sportvereins mit passender Tracht, passendem Essen, passender Musik und passender Stimmung. Eigentlich können wir uns den Weg nach Saint-Jean-de-Luz fast schon sparen. Ich frage einen Passanten, ob er aus dem Ort kommt, er versteht mich nicht, schaut aber, als hätte ich gerade seine Familie ausgelöscht. Sein Begleiter übersetzt, verneint und zieht ihn weiter.




Auf der Duld geben sich Kinder und Erwachsene dem kostspieligen Treiben hin. Ein Vater wirft an der Münzschiebe immer wieder nach und trainiert dabei gleich den dreiköpfigen Nachwuchs, andere Eltern versuchen ein Stofftier fürs Kind mit einem Greifarm zu fangen, der jedoch immer genau dann wieder loslässt, wenn man meint, alles im Griff zu haben. Das Mädchen nölt, die Eltern werfen nach – insgesamt scheint diese Attraktion ein besonders gutes Geschäft zu sein, denn allein von diesem System stehen ca. 40–50 Spielplätze zur Verfügung.

Feier-Abend in Gramat

Wir haben genug gesehen. Morgen fahren wir weiter. Denn es soll nicht regnen, aber ab Mittwoch soll es heiß werden, und da ist jeder bereits gefahrene Tag ein gewonnener Tag.

05.08. Jour de travail: Argentat (Un arbre – une vie pour une autre)

„Was heißt eigentlich Massage auf Französisch?“

Morgens nicht so früh raus und dann etwas langsamer weiter. Gestern kamen noch drei Aufträge, die heute abgearbeitet werden; hier fällt das leichter als anderswo. Wenn wir dem Wetterbericht trauen dürfen, wird es morgen ganztägig heftigst regnen (12 Liter pro qm), so dass ein weiterer Tag hier im Hotel sehr gut passen würde. Leider ist Madame ausgebucht, sie will aber sehen, was sich machen lässt.

Ein Wetter zum Verweilen

Vormittags gehen wir noch fix einkaufen, unten an den Quais spazieren und anschließend den Bart schneiden. Gleich nach dem Vergnügen dann die Arbeit und gegen halb zwei gibt's Mittagessen. Anschließend mehr Arbeit, da noch ein vierter Auftrag eingegangen ist, und dann an und in den Pool. Den Beinen tut das Wasser sehr gut, mir wäre zwar eine Massage noch lieber, aber ich weiß nicht, was das auf Französisch heißt, geschweige wo man es bekommt.

Wer gerne Holländisch isst, wird hier fündig

In Argentat haben viele am Wasser gebaut

In Beckennähe sitzt ein rauchender Mann, der mit jeder Faser seines Körpers signalisiert, dass er hier nicht hin gehört. Ab und zu raunzt er auf Englisch zwei Kinder von ca. acht bis zehn Jahren an, dass sie nicht so rumschreien sollen. Da das nichts hilft, geht er irgendwann und setzt sich abseits zu zwei Frauen und einem älteren Mann.

Der Unglückliche ist offensichtlich der ungeliebte Schwiegersohn. Die Kinder schreien und toben weiter.

Der Ältere steht auf, kommt zum Becken und spricht sehr leise mit den Kindern. Er sagt ihnen, dass er seit geraumer Zeit nur sie hört, weil sie so schreien. Und er sagt ihnen, dass er hier nicht derjenige sein will, über den sich die Leute das Maul zerreißen, weil er diese lauten Enkel hat. Danach bleibt er und bändigt den Nachwuchs für ca. 20 Minuten. Als er geht, beginnt der Pegel langsam wieder zu steigen. Immerhin hat er uns genug Zeit verschafft, um etwas zu schwimmen und zu ruhen.

Dann wird es auch für uns Zeit, denn wir müssen die Strecke für die folgenden Tage bestimmen und ein paar Sachen waschen. Ich hoffe, wir dürfen in Toulouse ein Mal die Waschmaschine benutzen. Im Vorgriff habe ich eine frische Unterhose angezogen.

Abends essen wir wieder draußen und gucken die Leute an. Vorneweg gibt's Tête de veau gribiche und Emincé de melon au vin de noix, dann zwei Onglets au bleu d’Auvergne, zwei Plateaux de fromages und Desserts. Der Bergerac ist super dazu, wir sind müde.

04.08. 15ème étape: Mauriac–Argentat (55,94 km, 3:19:59) (Éboulement)

La silence de chaqun assure le repos de tous.

Nach dem Frühstück stocken wir noch kurz unsere Wasserbestände auf, dann fahren wir auf bekanntem Weg zur Stadt hinaus und über Chalvignac lange schön abwärts. Bis zur Barrage de l'Aigle, wo die EdF das Wasser der Dordogne zu Gold macht.

Zum Abschied ein Blick auf Mauriacs schönste Seite

Wir fragen einen vorbei kommenden Mitarbeiter nach dem weiteren Weg, er bemüht daraufhin sein Navigationssystem, bestückt uns mit Broschüren über die Gefahren des plötzlich anschwellenden Wassers durch die Stromproduktion und repräsentiert seine Firma ausgezeichnet.

Bergauf tun die Beine vom Treten weh, bergab die Hände vom Bremsen

Madame stellt die Tatsachen auf den Kopf

Die nächsten Kilometer geht es gnadenlos aufwärts. An einem Erdrutsch überholt uns ein Rennradler mit Stahl in den Waden, er ist völlig baff, dass sich eine Frau diese Strecke hinauf traut (noch dazu mit Gepäck) und feuert Mo lautstark an.

Schmale Stelle, breite Zustimmung

Nicht mehr weit bis zur Überraschung des Tages

Am höchsten Punkt des Tages erwartet uns Auriac (nicht zu verwechseln mit Aurillac, das ist weiter östlich), ein perfekt restaurierter und in Schuss gehaltener Weiler. Wir sind so baff, wie der Kollege weiter unten am Berg und lassen lange die Blicke schweifen:


Am Ortsausgang erwartet uns eine weitere Überraschung: Les jardins Sothys. Dabei interessieren uns Gärten, Boutique usw. viel weniger als das Restaurant, denn wir haben festgestellt, dass wir wieder einmal kein Mittagessen eingekauft haben. Das einzige Problem: Wir sind in bunte Pellen gekleidet (© Elsemarie Maletzke) und werden deshalb als Gäste nicht zugelassen. Gut, dann essen wir halt unsere gesalzenen Cashew-Nüsse, die Tüte ist selber hässlich und fragt nicht nach dem Leibchen dessen, der sie aufreißt.

Bei uns heißen die Orte eher Kaltwasser oder Eiskeller

Zu kurz gesprungen

Ab Auriac geht's hügelig weiter, dann wieder fünf Kilometer lang steil abwärts bis zur nächsten, deutlich größeren Barrage.

Très panoramique

Kleine Freude am Wegesrand

Die EdF staut an dieser Stelle knapp 200 Millionen Kubikmeter Wasser und produziert damit über 282 Megawatt Strom pro Jahr – seit inzwischen 60 Jahren.

Stilles Wasser ...

... fällt tief

Ab der Barrage geht es auf Höhe der Dordogne zehn Kilometer weit flussabwärts. Anfangs ruhig, weil die Stromproduktion jede sonstige Nutzung des Gewässers verhindert, dann ist der Fluss plötzlich von Kinderlachen und sonstigem Remmidemmi erfüllt. Mit gebührendem Sicherheitsabstand taucht ein riesiger Campingplatz auf, dessen temporäre Bewohner sich voller Eifer dem Wasser hingeben.

Irgendwie ist man der EdF dankbar, dass sie mit ihrer Arbeit an einigen Stellen sichtbaren Umweltschutz betreibt.

Als Argentat in Sichtweite kommt, steigt unser Puls. Die Stadt sieht einladend aus, und wir haben schon gesehen, dass es ein Hotel nach unserem Geschmack geben soll. Da wir früh dran sind, setzen wir uns erstmal an den Platz vor dem Office de Tourisme und gönnen uns (nach den salzigen Nüssen) etwas Süßes: zwei Paris-Brest und zwei Obsttartes.

Argentat auf den ersten Blick

Argentat auf den zweiten Blick

Danach lasse ich mir im Office de Tourisme den Weg zum Hotel erklären. Wir rollen langsam hin und wären beinah zu spät gekommen, denn wir bekommen das letzte Zimmer. Und direkt nach uns kommen drei Menschen, die unverrichteter Dinge abziehen müssen. Obwohl „das letzte Zimmer“ für sie eigentlich viel passender gewesen wäre.

Es ist ein Dreizimmer-Appartement unterm Dach mit großem Bad, separater Toilette und großer Küchenzeile – fast wie unsere alte Wohnung. Der Preis ist lächerlich, und ich beantrage abends bei Madame eine Fortsetzung unseres Aufenthaltes. Schließlich freut sich Mo aufs Schwimmbad und wir beide uns aufs Essen.

Madame willigt ein, abends gibt's Ravioles de homard et Saint-Jacques au coulis de crustacés und Escalope de foie frais de canard aux pèches et son caramel d’épices gefolgt von Tournedos de boeuf sauce Cahors, Plateaux de fromages und Desserts maison au choix

Den Apéritif bringt die Praktikantin aus Thüringen, die sich am Nachbartisch mit einer jungen Französin auf Deutsch herumschlagen muss. Den Cahors bringt der Oberkellner. Wir haben das Gefühl, dass in Frankreich praktisch alle Deutsch sprechen.

Sonntag, 7. August 2011

03.08. 14ème étape: Ydes–Mauriac (43,38 km, 3:17:39) (Chaussée deformée)

Dem Führer glaub' ich gar nix mehr!“

Morgens sind wir froh, dass uns über Nacht nichts gestochen oder sonstwie gepeinigt hat, die Chance war ziemlich groß. Unten in der Bar gibt es Café au lait, Baguette und nur ein bisschen Deutsch. Der Abend hat die Chefin wohl ziemlich gefordert. Uns steht das noch bevor, denn es geht etwa drei Kilometer aufwärts gen Champagnac, wo wir schon vor dem Ortseingang erwartet werden:


In dem einstigen Minen-Ort ist die Armut von unten schnell vergessen – Herrschaftshäuser, gepflegte Vorgärten, alles sieht sehr einladend aus. Was uns jetzt erwartet, sind acht Kilometer rasante Abfahrt zum Pont de Vernéjoux und direkt anschließend erneut dreieinhalb Kilometer steile Auffahrt. Mo sieht sich in Richtung Mittelerde versetzt, in diesem feuchten Mikroklima säumen Kollateralschlangen und -frösche den Straßenrand.

Guten Morgen, Bilbo

„We wants it, we needs it. Must have the precious. They stole it from us. Sneaky little hobbitses.“

Vorspeisen am Wegesrand

Bei jedem Stop sammeln sich um uns Tiere, die von Blut leben, und ihr Verhalten lässt darauf schließen, dass sie länger nichts mehr zu saugen hatten. Wir sprühen sie mit Autan in die Flucht. Kurz vor Sérandon spricht uns ein Autofahrer an, der aus dem Ort kommt. Es sei gleich vorbei, nur noch 300 Meter, bonne journée. Wir lernen auf den folgenden 700 Metern, was ein Autofahrer unter 300 Metern versteht.

Langsam setzt Nieselregen ein, der sich kontinuierlich steigert. Gleich rechts am Ortseingang erwartet uns Chez Lisa, wohin wir vor dem Regen flüchten. Drinnen ist es dunkel, am Tresen drei alte Männer und eine Frau aus dem Ort, die Herren riechen streng. In der Ecke über der Kaffeemaschine spuckt der Flachbildschirm Videdohits und Hit-Videos in loser Folge aus, die Herren trinken Café oder Liqueur, die Dame bestellt das zweite Bier.

Irgendwann erscheint Lisa und spricht mit einem gerade reingeschneiten Gast Englisch. Ich frage, wie und wann sie denn hierher gekommen sei, sie antwortet, das sei mehr als zwanzig Jahre her „and there was sun then“.

Wie üblich verfahren wir uns am Ortsausgang und müssen wieder zwei Kilometer zurück, dann fängt der Regen wieder an. Wir stellen uns kurz im Wald unter, und als der Regen nachlässt, rollen wir weiter bergab bis zum Belvédère de Gratte-Bruyère, einer Aussichtsplattform über dem Zusammenfluss von Dordogne und Sumène. Hier verbringen wir auch unsere Mittagszeit. Essen im Stehen neben den Rädern, Holländer und Franzosen bleiben einfach im Auto sitzen.

Unsere schöne Rauf-und-runter-Landschaft

... und es sieht wirklich aus wie auf der Zeichnung

Besatzung und Widerstand sind allgegenwärtig

Mit nachlassendem Regen brechen wir auf, vorbei an der Nau (wo ein Silverdale-of-Nottingham-Bus mit laufendem Motor auf eine Gruppe britischer Kinder wartet, die sich gerade zum Wassersport umziehen), hin zum Pont de Saint-Projet:

Hier wirkt die Dordogne ziemlich überspannt

Sieht gar nicht so gefährlich aus

Ab der Brücke geht es zum Abschluss des Tages nochmal rund zwölf Kilometer bergauf. Wir vergessen dabei mehr und mehr den Blick in die Landschaft, sondern versuchen hauptsächlich, uns einigermaßen aufs Treten zu konzentrieren. Eigenartig ist dabei die Erkenntnis, dass uns zwar nichts weh tut, aber trotzdem der ganze Körper wie ausgezehrt wirkt. Neben der physischen Belastung zeigt sich auch immer stärker die psychische Beanspruchung durch unsere Unternehmung. Mos Hass auf den Reiseführer wächst mit jedem Meter Anstieg, denn es ist nicht nachzuvollziehen, für welche Fahrer er dieses Buch entwickelt hat. Außerdem bin ich recht sicher, dass er selbst die Strecke nur mit einem Camper abgefahren ist. Anders lassen sich viele der Fehler nicht erklären.

In Mauriac bekommen wir das letzte Zimmer des Hotels. Nach Ydes ist es ein kleines Paradies, und es kostet nur zehn Euro mehr.

Späte Ankunft, stille Stadt

Typische Bauweise der Region

Als sich dann auch noch das Abendessen schwierig gestaltet (Restaurant complét, Restaurant äh-bäh), kriegen wir uns in Le Grilly, dem Fleischpalast der Stadt, zuerst gehörig in die Wolle und dann doch noch halbwegs die Kurve.

Morgen müssen wir aus diesen Bergen rauskommen!

Freitag, 5. August 2011

03.08. Ich hasse dieses saublöde Google Blogger-Programm!

Die Abstände verspringen, die Schriftgrößen ändern sich und, und, und. Außerdem findet man weder einen Grund noch eine Gegenmaßnahme. Das kostet unnötig Zeit und hindert uns daran, neue Posts zu veröffentlichen.


Nachtrag am 7. August 2011:

Google ist doch nicht an allem Schuld. Wir wurden vielmehr Opfer der immerwährenden Fehde zwischen Google und Apple: Texte, die wir auf einem Apple-Gerät geschrieben und in die Blogger-Anwendung kopiert hatten, wurden von dem Google-Programm (mutwillig?) völlig fehlinterpretiert. Das führte zu dem Chaos im letzten Eintrag.


Nachtrag am 4. Februar 2013:

Mit Mozillas Firefox sind plötzlich alle Probleme leicht lösbar (auch die rückwirkenden). Der Browser setzt gewünschte Formatierungen anstandslos um, und sie haben in Blogger dauerhaft Bestand.