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Dienstag, 26. September 2017

Das Ende vom Schrecken

22. September 2017: Wo waren wir stehen geblieben?

Richtig, bei unserer Brasilianerin in Miltenberg, die neben dem Hotel vor drei Monaten auch noch das Restaurant in dessen EG gepachtet hat. Deshalb gibt's das Frühstück neuerdings eben dort und nicht mehr im winkeligen 3.OG. Als nächsten Schritt plant sie die Neu-Eröffnung des Restaurants als Churrascaria, was die Frage aufwirft, ob das in Wertheim wirklich gebraucht wird.

2. Tag, morgens weniger Nebel, dafür können wir uns verburgen

Heute geht's etwas später los: Um zehn vor neun rollen wir durch die noch leere Fußgängerzone zur Brücke nach Kreuzwertheim. Von dort geht es bei ca. elf Grad und deutlich weniger Nebel in Richtung Miltenberg. Unterwegs ein, zwei Eichhörnchen, ein Fuchs, wenige Tourenfahrer. Der Kopf ist noch unschlüssig, ob und wenn ja: was er denken soll. Die Beine treten relativ emotionslos unter sich hin.

Links oben hat sich die Sonne schon durchgesetzt, kann nicht mehr lange dauern.

Bei Bürgstadt halten wir kurz am Klo, neben uns stoppt ein Fahrrad-Pärchen. Sie: „Geh du aufs Klo, ich schau auf die Karte.“ Er kehrt zurück. Sie: „Gleich die zweite links, Schatz.“ Kaum sind sie weg, spielt ein Pärchen aus einem Reisemobil vom Roller Team das Spiel nochmal nach. Allerdings darf sie zuerst ins Häuschen, und er belästigt sie nicht mit Kartendaten.

Wir machen uns davon.

St. Jakobus der Ältere, unser Schönwetter-Heiliger

Langsam entledigen wir uns der oberen Kleidungsschichten. Der Bär groovt, und wir müssen auf alles vorbereitet sein. Zunächst sieben entspannte Kilometer nach Amorbach (vor 20 Jahren noch Amokbach), wo wir gegenüber der Abteikirche das Mittagessen erstehen, weiter geht's auf der Siegfriedstraße (vor 20 Jahren noch Siegfriedstrafe) in Richtung Passhöhe.

Moderat aufwärts passieren und durchqueren wir Orte, die mit jeder Kurbelumdrehung von ihrem Schrecken verlieren: von Schlotterszell über Ernstfall bis zur Passhöhe auf knapp 500 Metern. Dort gibt's vom Mitgebrachten, die Sonne verlangt die Entfernung weiter Kleidungsstücke, doch in Anbetracht der 17%-igen Abfahrt greifen wir lieber zum zusätzlichen Windstopper.

Abwärts immer, aufwärts nimmer!

Bergab läuft's gut, wir stellen aber beide fest, dass wir diesmal wohl doch einen anderen Weg als vor 20 Jahren gewählt haben. Egal, der Schrecken von Amorbach hat ausgeschreckt, gegen halb drei sitzen wir im Eis-Café „Venezia“ auf dem Neuen Markt in Eberbach und erfreuen uns an Caffè und dezenten Eis-Portionen.

Weit weniger erfreulich sind die Preise der hiesigen Beherbergungsbetriebe sowie der generelle Mangel an Angeboten auf dem weiteren Weg. Und nochmal 35 Kilometer bis nach Heidelberg sind uns nach dem heutigen Auf- und Abstieg zu viel. Also suchen wir ein halbwegs bezahlbares Hotel im Ort und finden die Krone-Post.

Ein Haus, das schon im Namen zeigt, dass man weder Krone noch Post sein will. Ein Haus, das inhaltlich irgendwann im letzten Jahrhundert verharrt, dessen Informationen für Gäste weder „WLAN“ noch „Internet“ beinhalten, das aber stolz ist auf seine Telefonanlage mit Amtsvorwahl und in der Eingangshalle einen Computer für den Empfang von E-Mails bereit stellt.

Dessen Nutzung wird mit zwei Euro pro Stunde abgerechnet; wir überschlagen kurz, mit welchen Übertragungsraten man rechnen muss, wenn der E-Mail-Empfang in Stunden abgerechnet wird.

Eberbach – Blick von der Altstadt ins Zentrum

Den der Kalorienaufnahme geweihten Teil des Tages verbringen wir zwei Ecken vom Hotel entfernt, in der ältesten Wirtschaft der Stadt, ein Tipp der Nachbarin vom Nachbartisch beim Italiener.

Hier gibt's bezahlbare, gut bürgerliche Küche und Oktoberfestbier vom Paulaner. Nach perfekt gebratenem Rumpsteak und Lendentopf mit Spätzle ist auch die zuvor noch skeptische Gattin von der Wahl des Lokals überzeugt. Anschließend ein Rundgang entlang der teils verrottenden, teils partiell verschandelten Altstadthäuser, vorbei an überdimensioniertem Sparkassen-Protz und dem üblichen Döner-, Telefonladen- und leere-Schaufenster-Mix deutscher Kleinstädte.

Im Fenster der „Snackbar“ klebt ein Segafreddo-Aufkleber. Der Caffè ist super, gute Nacht.


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