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Freitag, 1. Februar 2013

16. Juni 2012, der achtunddreißigste Tag: Ruhetag in Saligny-sur-Roudon


Nach all der Aufregung gestern, schlafen wir heute etwas länger. Ich hole wieder Brot, wir frühstücken zusammen – der Tag fängt gut an.

Leider geht er weniger gut weiter, denn ich habe die freudige Aufgabe, alle Buchungen abzusagen und mir einen zügigen Heimweg auszudenken. Nach neuestem Stand geht das Wasser im Keller nämlich nicht zurück, stattdessen steigt der Pegel stetig. Die Nachbarn verdächtigen die extremen Regenfälle der letzten Tage, das können wir uns nicht vorstellen.

Neue Züchtung: Das Pferd, das nicht weiß, ob es vorwärts oder rückwärts läuft


Mo packt die Taschen und entscheidet sich für weitere Handwäschen (warum das denn?), ich prüfe die Konditionen der Bahn. Tendenziell wollen wir noch bis Chalon-sur-Saône mit den Rädern fahren und von dort die Rückfahrt antreten; die Stadt bietet wahrscheinlich einigermaßen passable Anschlüsse.

Die Bahnfahrt gestaltet sich allerdings deutlich umständlicher als erwartet: Fahrzeit zwischen elf und 18 Stunden, umsteigen in Dijon, Besançon, Belfort, Mulhouse, Strasbourg, Appenweier und Karlsruhe, Fahrradmitnahme teilweise reservierungspflichtig – da können wir ja fast mit den Rädern fahren. Oder wir nehmen einen Mietwagen.

Kaum hat die eine geboren, wird die nächste befüllt (hinten die linke Hand Gottes)

Bevor ich mich darum kümmern kann, bricht draußen die Hölle los: Der junge Vater, der von Mutter und Kind durch einen spannungsgeladenen Zaun getrennt steht, sieht seine Familie durch das aufreizende Gebahren eines den beiden zumindest räumlich nahe stehenden Rivalen bedroht und reißt den Zaun trotz aller Elektrik nieder, um die Familie zu vereinen.

Das ruft unsere Gastgeberinnen auf den Plan, die das Kind vor dem Vater schützen und deshalb schnellstens eine Umgruppierung aller Akteure sowie die Wiederherstellung des Zaunes vornehmen müssen. Ich lerne: Wo die Natur regiert, ist ganz schön was los!

Familienleben, zweiter Tag (Ruhe nach dem Sturm)

Beim Thema Mietwagen denke ich natürlich sofort an unsere Freundin in Gundelfingen. Ich rufe sie an, sie versteht unser Anliegen und schlägt vor, dass sie uns einen Europcar von Chalon-sur-Saône nach Mulhouse bucht, uns von einem ihrer französischen Kollegen abholen lässt, und wir dann von Gundelfingen mit einem anderen Wagen die Fahrt nach F fortsetzen.

Das hört sich gut an, sie prüft Verfügbarkeit und Preise der Fahrzeuge in Frankreich und beginnt, schwer zu atmen. Grund: Die Miete eines geeigneten Fahrzeugs von Chalon-sur-Saône nach Mulhouse wird teurer als ihr nächstes Angebot. Sie lässt uns von einem deutschen Kollegen in Chalon-sur-Saône abholen, wir müssen nicht umsteigen und sind schneller und formalitätenfreier als gedacht zu Hause. Außerdem wird diese Variante nur unwesentlich teurer als es die 12-Stunden-Bahnfahrt geworden wäre.

Ich sage also begeistert zu und kann mich ums Abendessen kümmern.

Früher Abend, Blick von der Terrasse

Unsere Mädels vom Immenhof hatten uns gestern schon gesagt, dass sie eine gute Adresse in der Nähe kennen, dorthin laden wir heute die ganze Truppe ein. Abfahrt wie immer spät, es gibt stets mehr zu tun als erwartet. Außerdem kommt Françoise unerwartet mit Mutter und Nichte vorbei. Sie will sich das Fohlen anschauen.

Und sie bringt mir meine liegengelassene Sonnenbrille mit. Ich bin beschämt.

Das Hotel-Restaurant liegt traumhaft, die Terrasse ist super, die Stimmung ebenfalls. Um uns herum ausschließlich Franzosen, alle Tische sind besetzt, an einem feiert eine etwa 15-köpfige Familie. Betrieben wird das Haus von Lydiane und David Carneiro, er kümmert sich um die Küche, sie um alles andere.

Je später der Abend, desto schöner die Aussicht

In der Praxis sieht das so aus: David kocht (und wird dabei von einem Helfer unterstützt), Lydiane nimmt die Bestellungen auf, berät bei der Auswahl des Weines, trägt die Speisen auf, trägt sie ab, spült zurückgehende Teller in der Küche vor und rechnet mit aufgegessenen Gästen ab. Das alles macht sie mit einer atemberaubenden Entspanntheit und Ruhe.


Da David auch noch ausgesprochen gut kocht und die Stimmung an unserem Tisch nicht besser sein könnte, verbringen wir hier einen der schönsten Abende dieser Reise.


Irgend jemand der Meinung, es gäbe in der Auvergne nur Saint-Pourçain?

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