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Montag, 6. Mai 2013

6. Mai 2013 – Hüttendorf–Dietfurt an der Altmühl, 94,02 km

„Hoid fria hob i scho zwoa g'seng.“

Über der Krone lacht die Sonne, wir frühstücken reichlich und rollen kurz nach neun in Richtung Radweg. Unter der Brücke führt am anderen Ufer ein Mann seinen Hund spzieren, die Welt ist schön.

Morgens gehen alle Gassi.

Bis Fürth sind es etwas mehr als zehn Kilometer, bis Nürnberg etwas mehr als zwanzig. Die Strecke ist absolut monoton, mal durchqueren wir ein Gewerbegebiet, mal fahren wir über eine Brücke. Mal führt der Kanalweg vom Kanal weg, dann wieder hin. Es gibt keine Fixpunkte, kein Ziel und vor allem: keinen Schiffsverkehr.

Heute fahren wir den zweiten Tag am Kanal entlang – er ist durchgehend mindestens halb so breit wie der Main bei Frankfurt –, und wir haben insgesamt fünf Schiffe gesehen: zwei „echte“ Frachtschiffe, einen Segler auf dem Weg zum Meer, einen kleinen Schlepper und ein Baggerschiff, das wohl Arbeiten am Kanal durchführt.

Mannigfache Eindrücke: kurz hinter Fürth schon Ägypten.

Das ganze Bauwerk wirkt wie Stuttgart 21 auf dem Wasser. Ein Prestigeobjekt für Könige, Ministerpräsidenten u.ä. Grobzeug - kostet viel, bringt wenig. Bei einem Transportvolumen von über sechs Millionen Tonnen jährlich erwirtschaftet der Kanal nur etwa 20 Prozent seiner Kosten durch Gebühren, den Rest trägt das Bundesverkehrsministerium (also wir alle). Die Schleusen tragen richtigerweise Namen wie Leerstetten, was zwar die Situation trefflich beschreibt, aber der Ordnung halber doch mit ä geschrieben werden sollte.

Was wir viel häufiger sehen, sind Mitarbeiter der Bayerischen Wasserwirtschaftsämter, die den Kanal begehen und prüfen, ob mit ihm alles in Ordnung ist. Einen von ihnen fragen wir, ob der Kanal eventuell gesperrt ist oder warum sonst keine Schiffe fahren. Er lacht und tröstet uns mit dem Hinweis, dass er am Morgen schon zwei Schiffe gesehen habe. Sprachlich trifft er nicht ganz die regionale Färbung, aber es ist doch eine erfreuliche Nachricht!

Und unter dem Kanal die Natur.
Heute ohne Abendmahl.

Bei Roth haben wir einige Schwierigkeiten mit dem Weg, bei Hilpoltstein stehen fünf große Wohnmobile am Ufer des Kanal. Wir sehen Männer mit Kameras, so genannte Boatspotter, die hier auf passierende Schiffe warten. Na, die werden hier ziemlich alt werden.

Beim Weg um die nächste Kurve sehen wir, dass zumindest der örtliche Angelsport vom MDK profitiert. Eine Gruppe serbisch anmutender Männer hat sich samt Gerät entlang der Fahrrinne in Position gebracht. Einer von ihnen trägt eine zackige Mladic-Gedächtnismütze zur weit geschnittenen Uniform-Jacke. Da beißen die Fische wohl besonders gern.

Heimatliche Gefühle zur Mittagszeit.

Nach ca. 55 Kilometern erreichen wir kurz vor eins die Grenze zur Oberpfalz. Mo bekommt heimatliche Gefühle und ruft spontan die Mittagspause aus. Das passt gut zu der rechts am Wege stehenden Bank, die wir die nächste halbe Stunde belegen.

Bei Berching stoppen wir an einer Backstube am Wegesrand. Die oberpfälzisch sprechende Verkäuferin ist auffallend freundlich, spricht mit einem ihrer Kunden fließend und herzlich Türkisch und weiß auch nicht, warum die Semmeln hier Schrippen heißen.

Ein paar Kilometer weiter retten wir bei Ottmaring eine Touristin, die sich in Beilngries ein Fahrrad geliehen hat. Leider lässt sich der Sattel nicht feststellen und rutscht trotz sachgemäßen Gebrauchs so tief, dass Radfahren praktisch unmöglich wird. Wir finden eine tragfähige Lösung, alle freuen sich und fahren in entgegengesetzten Richtungen weiter.

Kurz darauf erreichen wir Dietfurt an der Altmühl. Ein Joggerin ist nicht schnell genug an uns vorbei, wir fragen nach ihrer Empfehlung für die Nacht, und sie schickt uns hier hin.

Wir schlafen einen Stock höher.

Es ist erst vier, wir duschen, machen noch etwas Pause und gehen um sieben essen. Es gibt leckeres Bier, Semmelknödel-Carpaccio mit Blutwurstgröstel, Lammrollbraten mit Kartoffeln in Lauchsahne und Böfflamott mit Serviettenknödel. Hinterher Pralinenparfait bzw. Apfelstrudel und einen Rundgang durch den Ort.

Beim Italiener leisten wir uns noch zwei Espressi und drei Kugeln Eis. Irgendwie müssen die Kalorien ja wieder rein kommen. Gute Nacht.

Heute war's noch langweiliger als es hier aussieht.

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